Sonstiges

Geschichte der deutschen Blogosphäre II.

nein, um Gottes Willen, das wird jetzt kein Geschichtsband hier:) Lediglich eine Erweiterung des Artikels „10 Jahre Blogs„. Dort hatte ich gefragt, wann sich denn die deutsche Blogosphäre ungefähr kristallisiert hat. Btw, das hat nun nix damit zu tun, wer denn im Sinne eines Wettbewerbs hier der erste Blogger war. Mich persönlich interessiert mehr, wie sich die Szene formiert hat und wann sich die Websurfer selbst Blogger genannt haben. Dabei tauchen nun immer mehr Infos auf.

Ganz interessant ist der Beitrag auf convers.antville. Einfach mal in den Kommentaren wühlen. Allgemein geht man davon aus, dass sich das Bewußtsein, ein „Blogger“ zu sein, irgendwann um 2000 allgemein (!) bildete. Bei wenigen Bloggern, da es damals einfach herzlich wenig Blogger gab.

Und Melody hat mich informiert, dass es offensichtlich zu Beginn sowas wie zwei Lager gab, die sich gewissermaßen nicht gerade freundlich gegenüberstanden: die Tagebuchschreiber (siehe ein Beispiel, man beachte das Fehlen von Permalinks bei den Tageseinträgen, darauf gehe ich gleich noch ein. Auf dieser Seite werden klassischerweise Sprungmarken verwendet) und die Blogger. Wußte ich nicht mal, dass es so eine wie auch immer gefühlte Unterscheidung gab. Das war jedoch nicht nur ein typisch deutsches Phänomen, wie man language@internet nachlesen kann, toller (wenn auch älterer) Artikel zu der Szene der Webdiaristen, u.a. heißt es dort:

First I will provide some background on the diary“€™s history as an online form. Diaries began to appear on the Internet in 1995, typically developing out of the personal home pages of individuals already involved with Internet technologies (Astruc, Leitch-Thompson and Wade n.p.). In 1997 people started creating pages that became known as Weblogs (or „€œblogs“€?)“€”these were daily lists of annotated links to other sites, without extended commentary or personal narratives. They acted as filters for the burgeoning content of the Web and directed readers to material the blogger found particularly worthwhile. In 1999 free software became available that allowed users who did not know HTML to make and post a blog or diary. As a result, blogging became an accessible activity for significantly more people, and the numbers of both diaries and blogs mushroomed (Blood „€œWeblogs“€? 8). (Now in 2004 there are hundreds of thousands of blogs and diaries online.) With the huge influx of new writers into the blogging and online diary communities, both forms evolved to suit these users“€™ needs. Collapsing these related forms into one, the latest generation of writers marry personal narratives (like a diary) with critical commentary about the Web and its content (like a blog), drawing on the Internet culture to speak to and for other „€œNetizens.“€?

Interessant? Für mich schon. Dass aus zwei grundsätzlich unterschiedlichen Richtungen ein Bedarf bestand, ins Netz zu schreiben, der dann in die Entwicklung von uns heute bekannter Blog-Software mündete.

Melody schrieb:

man hatte am Anfang dann zunächst beides parallel. Diary und Blog verschmolzen so 2002, die Übergänge verschwanden dann allmählich. Anfangs waren Blogs bei den Tagebuchschreibern nicht so beliebt, weil die Blogger sich so herablassend gaben. In 2001 war der Begriff Blogger dann jedenfalls schon lange etabliert:
www.x-7.de/extra/bloggerparty.htm. Ich meine ja, es begann im ersten Quartal 1999, dass wir mit blogger.com experimentierten, viele von uns zunächst parallel livejournal-accounts oder diaryland-blogs hatten… Ich glaube, so ab 2003 gab es keinen großen Unterschied mehr, ob man nun Blogsoft benutzte oder vielmehr, ob das, was man damit schrieb, nun Diary oder Blog hieß…. Tatsache ist, dass Tagebuchschreiber nach und nach ganz viele Dinge von selbst taten, die dann bei den Blogs auch auftauchten: Aktuellster Eintrag oben, ein Archiv, Permalinks, Blogroll … dann probierten die ersten Blogsoftware aus und sie verbreitete sich sehr schnell, ohne dass noch viel über die Inhalte dann diskutiert wurde. Schnell: 1- 1,5 Jahre.

Interessant erscheint mir neben den unterschiedlichen Szenen auch die Tatsache, dass die „Erfindung des Permalinks“ Blogs zu einem Durchbruch verholfen hat, so die anscheinend vorherrschende Meinung. Siehe zB Kottke, März 2000. Das mag sich sicherlich komisch anhören, denn das Netz besteht seit jeher aus Links. Doch findet man heute immer noch recht altertümlich anmutende Newsseiten, deren einzelne Artikel nicht verlinkbar sind, stattdessen verlinkt man auf die News-Startseite und der Leser muss sich durchwühlen (hier ein Beispiel, wie ein Blogger anno dazumal die Permalinks für sich entdeckt, 2001). Permalinks haben eine wesentlich direktere Kommunikation zwischen Blogs ermöglicht. Witziges Randdetail: nebst Dave Winer und Jason Kottke wird auch Evan Williams ein wichtiger Beitrag zur „Erfindung des Permalinks“ im Umfeld der Blogs zugesprochen. Denn Blogger.com scheint als eine der ersten Blog-CMS Permalinks eingeführt zu haben. Siehe dazu den Beitrag von Matthew Haughey. Evan ist ja heute mehr als Twitter-Gründer bekannt, doch war er auch der Gründer von Blogger.com, das heute zu Google gehört. Siehe hierzu den Abschnitt History.

Das Thema Trackbacks kann man als Erweiterung der direkten Kommunikation betrachten, das kam durch die Firma Six Apart auf, anno 2002 und setzte sich erst allmählich durch. Kann mich noch relativ gut an die Diskussionen erinnern, bis wir einigermaßen verstanden hatten, was die überhaupt wollten und was das zum Teufel sein soll. Zu Beginn war das mehr eine Qual, denn kaum ein Blog-CMS konnte Trackbacks verarbeiten, so kann man bis heute an Blogger.com Blogs keine TBs „verschicken“. Und wenn das CMS es doch konnte, gab es mangels Standards immer noch Probleme, einen TB zu senden (wordpress konnte nicht mit movable type reden bspw).

Ein wohl eher unwichtiges Randdetail: vormals besaß jedes Blog eine Kalenderansicht in der Sidebar. Heute aber sieht man diese Funktion nur noch recht selten, sie ist quasi aufgegangen in den Monatsarchiven. Obwohl Systeme wie WordPress nach wie vor eigene Kalenderfunktionen anbieten, um so ein Kalenderblatt darzustellen. Warum diese Abkehr? Kann sein, dass mit dem Aufgehen der Diaristen-Szene in die Blog-Szene (kann man das so sagen?) der Tag per se nicht mehr so wichtig wurde.

Sodele, eigentlich wollte ich ja nur was kurz zu den frühen Anfängen der deutschen Blogszene was erzählen, über den Verweis auf convers.antville. Wurd ja jetzt doch länger, sorry fürs Abschweifen:)

Warum mich das so fesselt? Man kann sich anhand dem Herauskristallisieren der Blogosphäre ziemlich gut vor Augen führen, wie kleine technische Innovationen dazu beitragen, dass etwas erst viel später zu einem Massenphänomen wird bzw. werden kann, da nicht gleich jede Innovation zu was Großem führt. In der Summe sind es eine Vielzahl von Ideen und Diskussionen gewesen, wie man feststellen kann. Keiner kann für sich alleine beanspruchen, der Erfinder der Blogs zu sein. Was ja auch der Natur des Internets entspricht.

Jetzt könnte man sich fragen, warum die Forenszene mehr oder minder seine Innovationskraft verloren hat bzw. wieso sich eigentlich Foren nicht zu Blogs weiterentwickelt hatten, also aus der Forenszene heraus. Weiß ich nicht, keine Ahnung. Wird wohl daran liegen, dass man als Mensch dazu neigt, in eingefahrenen Gleisen zu denken und nicht mehr out of the box denken kann. Kinder können das hervorragend mE, wir Erwachsense verlieren diese spielerische Fähigkeit, Dinge auseinanderzunehmen und neu zusammenzusetzen. Ebenso kann man sich fragen, warum keine Industrie rund um die Foren entstanden ist? Industrie? Blogs werden von zahlreichen Tools flankiert, wie eben Technorati. Warum entstand zB kein spezieller, prominenter Suchmarkt für Foren? Weil es Google und Co. gab und das ausreichte? Das dürfte wohl mit zwei Dingen zusammenhängen: einerseits gabs es zur Hochzeit der Foren bei Weitem nicht so viele User im Netz, damit weniger Entwicklerpotenzial und andererseits ist ein Forum ein in sich ruhender Kleinstkosmos. Forennutzer finden im Forum ihr Thema, doch bei der Unzahl von Blogs entstand ein ganz anderes Problem: wie finden Einzelpersonen im Netz zueinander? Die Anwtort darauf gab zB Technorati, auch Feedreader wie Bloglines mit offenen Abolisten. Foren sind nunmehr eine sehr etablierte, ausgereifte Technik, die GUI steht mehr oder minder quasi standardisiert fest.

Doch auch bei den Blogsystemen kann man eigentlich seit längerer Zeit feststellen, dass keine neuen Innovationsimpulse mehr aufkommen. Blogs werden im diesen Sinne wie Foren zwar nicht ihre Bedeutung verlieren. Aber sie werden zur Weiterentwicklung des Webs wohl nicht mehr viel technisch beitragen. Ursprünglich dachte ich, dass sich Blogs wohl zu der Webpräsenz für jedermann entwickeln werden. Doch haben sich Blogs imho als „aufwendig zu betreibende“ Webseiten etabliert, weil man aktuell mit dabei sein muss. Dieser Gedanke schreckt viele User ab. Kann also sein, dass etwas anderes als Blogs dazu beitragen werden, dass eines Tages nahezu jeder User mit einer Webpräsenz aufwarten wird. Dieser Theorie folge ich persönlich, nicht mehr, dass es Blogs anno 2010 sein werden.

Über den Autor

Robert Basic

Robert Basic ist Namensgeber und Gründer von BASIC thinking und hat die Seite 2009 abgegeben. Von 2004 bis 2009 hat er über 12.000 Artikel hier veröffentlicht.

44 Kommentare

  • Ach, die gute alte Bloggerparty …
    Sollte man mal wiederbeleben.
    Damals hieß mein Blog noch „gen2001“ 🙂

    Mal so noch angetragen: Ich habe Mitte 2000 mit bloggen angefangen (war eher Tagebuchschreiben), habe dann Ende Dezember mit Manila rumgespielt und dann mit Blogger.com, das offizielle Geburtsdatum meines Weblog ist der 05.01.2001, im Februar bin ich dann auf den eigenen Server gezogen:
    http://gigold.de/gen2001/archiv/archive-022001.php

    Damals waren es hierzulande vielleicht ein Dutzend ausgewiesene „Blogger“ (neben den Tagebuchschreibern) die sich noch mit Shaking Hand untereinander begrüßt und jeden Neuzugang gefeiert haben … Die meisten sind heute nicht mehr da, einige aber haben durchgehalten und bloggen heute – im Gegenteil zu damals möchte man sagen – weitgehend ausserhalb der Sichtweite der heutigen Blogosphäre.

  • Zur Kalenderfunktion:
    Ich glaube nicht, dass der Tag an Bedeutung verloren hat. Es scheint mir eher wichtig, dass – wenn ein Blog länger geführt wird als zwei Jahre – die Suche nach einem bestimmten Eintrag mit dem Kalender höchst unkonfortabel wird.

  • ich kann mich täuschen, aber damals drehten sich die Diskussionen um die Frage, wer denn überhaupt die Kalenderfunktion nutzt? Dahinter verbirgt sich der Gedanke, dass Blogs im Wesentlichen von ihrer Aktualität zehren und insofern Archive also alte Beiträge kaum noch interessieren. Das ist sicherlich mit ein Grund, warum man Blogs ein gewisses Maß an Flüchtigkeit zuschreibt.

  • Blogger und Editthispage (Manila) gibt es seit Ende 1999. Dave Winer kam ja eher aus der Newssite-Ecke und Manila sollte jedem die Möglichkeit geben, sowas zu machen wie er mit Scripting News.

    Seine Site war schon immer nach Tagen geordnet und deshalb macht der Kalender in seine Augen Sinn. Andere Blogging-Systeme hatten den Kalender übernommen. Vermutlich um einen Haken in der Featureliste zu machen.

    Blogger hatte nur intern einen Kalendar. Ganz am Anfangs gab es auch noch keine Archivfunktion. Ich glaube, die wollten zuerst nur ein kleines Tool für leichte Updates von Sitenews sein.

    Damals hat vermutlich noch keiner geahnt, wie sich das entwickeln wird.

  • Mein erster Blogeintrag auf einer Bloggerseite stammt aus dem Mai 2001. Die Texte da stammen aber von einer anderen Seite, die ich mal hatte und zwischen 99 und 2000 unregelmäßig gefüttert habe. Das war kein bloggen (jedenfalls für mich) sondern eher rumschreiben ohne Sinn. Auf der alten Seite gab es null Web 2.0 Dingse wie Tags, Permalink usw. Was Melody schreibt sehe ich teilweise nicht ganz so. Sie hat völlig recht, dass sich in Deutschland aus der Tagebuchszene viel entwickelt hat. Aber das war ein logischer Prozess. Erst hatte man eine Seite bei beepworld wo man rumschrieb, dann schloss man sich einem Webring an (gibt es ja heute noch) und daraus entwickelte sich dann das Tagebuch/Blog. Das Blogger aber 2001 völlig gegen die Tagebuchschreiber waren, daran kann ich mich nicht erinnern. Richtig ist aber, dass es schon einen inhaltlichen Unterschied zwischen beiden Formen gab. Damals gab es Mischformen zwischen Tagebuch und Blog, wie zum Beispiel die Seite freitagsfish, blackwhiteandblue oder Isore, wobei letzter schon sehr bloglike war. (Interessante Linkliste bei ihm)

    Aber man solle echt mal eine Übersicht über die deutsche Blogszene machen, denn da geht sehr schnell, sehr viel verloren.

  • Interessanter Artikel. Ich programmiere ja derzeit mein eigenes Blog-System und kann das mit der inkompatiblen Technik nur unterstreichen. Ich habe auch jetzt noch diverse Problemchen, und wenn’s nur drum geht saubere Umlaute in Trackbacks zu senden. Außer testen mit allen möglichen Systemen bleibt nichts übrig. Zum Glück ists ja möglich heute alles einfach halbfertig online zu stellen und zu sehen was passiert. 😎

    Wobei ich nicht weis, was Du immer mit Foren hast. Schon zu Mailbox-Zeiten und im Usenet gab es das Prinzip. Ich mag Foren ja echt, aber was haben die mit Blogs zu tun?

  • Ich bin ja seit jeher Tagebuch- und Blogleserin. Kann mich auch noch daran erinnern, dass es zu Beginn eine Grenze zwischen den Blogs und den sogenannten Tagebüchern gab. Blogs waren kurz und knapp und in den Tagebüchern hat man sich etwas ausführlicher mit einem Thema befasst. Viele Tagebuchschreiber wollten auch lange nicht als Blogger bezeichnet werden ;-).

    Kommentarfunktion gabs ja damals in Tagebüchern nicht. Das fing alles in den Gästebüchern an. Dort kam eine forenähnliche Kommunikation auf, die dann teilweise auf den jeweiligen Tagebuchseiten weitergeführt wurde.

    Grüzi aus dem Norden,
    Doreen

  • Hi Robert,

    Du fragst, ob es etwas gibt, was Blogs (und auch Foren) in Zukunft überflüssig machen wird?
    Das ist mMn ganz einfach: Social Network Portale wie Facebook oder MySpace (wenn die jetzt nicht den Zug verpassen!). Denn dort hat man ein Blog, ein Fotoalbum, Themen bezogene Gruppen und Netzwerke, tausende von Widgets für allen möglichen Kram, und – das wichtigste bei alledem: seine Buddies.

  • […] Sehr lesenswert: Robert hat die Geschichte der Deutschen Blogosphäre in einer kurzen Zusammenfassung aufgeschrieben. Hätte nie gedacht, dass es in Deutschland am Anfang sogar zwei so zerstrittene Lager gab – die Tagebuchschreiber (die, gefühlt zumindest, immer noch überwiegen) und die “Blogger”, die sich auch ziemlich bald schon so nannten. […]

  • Stimme Roland zu.
    Die Antwort zum letzten Absatz ist Facebook (falls kein ‚besseres‘ SN um die Ecke kommt).
    Blogs werden aber trotzdem weiter an gesellschaftlicher Bedeutung und Reichweite zunehmen. Denn sie sind die künftigen Zeitungen (nicht nur) der SN-Bevölkerung.

  • Naja, ich glaube nicht, daß Blogs an Bedeutung gewinnen. Je mehr Blogs es gibt, desto bedeutungsloser – kann ich bei mir zumindest beobachten. Das verliert dann auch seinen Reiz.

    Vor 5 Jahren hat das mehr Spaß gemacht und war lustiger. Es hat sich etwas zerlaufen und ist im Alltag aufgegangen. Man findet selten ein und dasselbe über Jahre hochgradig spannend.

  • Ja, das Inflationäre. Insofern ja eigentlich doch erstaunlich, wieviele das jetzt wielange machen, wenn auch wie bei mir (seit Oktober 2000 am Start) mit nachlassendem Elan. Und ich glaube absolut nicht, dass dieser Socialnetkrams die Schönheit von Weblogs, das ist: das Dezentrale, Divergente und die Variationsbreite, die sich daraus ergibt, auch nur annäherend erreichen können, da könnense noch so viele Features reinpacken (tatsächlich finde ich das sogar eher kontraproduktiv).

  • @Robert
    Zu der Frage, warum sich Blogs nicht zu Foren „weiterentwickelt“ haben. Da gibt es meiner Meinung nach eine ganz einfache Erklärung: Es wäre für sie auch ein Rückschritt gewesen. Erkläre mal einer großen Foren-Community, dass jetzt nur noch einer (oder eine Handvoll) neue Threads starten darf.

    Bei Blogs steht eben der Autor (oder auch die Autoren) im Vordergrund, während es bei Foren die Community ist. Ich will damit die Kommentare in Blogs keineswegs kleinreden, aber es sind eben verschiedene Rollen, die Blogger und Kommentatoren haben. In Foren gibt es diese Trennung so nicht. Daher wäre es für viele Foren-User auch definitiv keine Weiterentwicklung gewesen, sondern ein Rückschritt.

  • Zu den zwei Lagern: Wir Blogger sahen uns als die urbanen Checker. Die Tagebüchler, meist mit Frontpage- und Coral-Draw-Ästhetik am Start, wurden als eher provinziell belächelt. 2000 waren Blogs quasi Viva2 und Tagebücher Super-RTL.

  • Die einfachste Unterscheidung zwischen Blogs und Foren würde ich so ausdrücken: Ein Forum dreht sich um ein Thema welches von vielen behandelt wird. Bei einem Blog dreht sich alles um eine Person welche viele Themen behandelt.

    Eine sehr pauschalisierte Definition, dass gebe ich zu. Aber es ist halt eine Definition die versucht es aufs Wesentliche zu reduzieren. Dazwischen gibt es unendlich viele Misch- und Zwischenformen. Wie bei so vielen Dingen.

    Ich bin letzten Endes zum Bloggen gekommen, da ich lange zeit in einer Community recht häufig ins Forum gepostet habe. Irgendwann war es dann so weit das wir das Forum mit einer Hand voll Leuten gefüllt haben, dafür aber recht viele Leser hatten die dann zwar fleißig kommentierten, selber aber keine Threads eröffneten. So gesehen auch schon eine Art von Bloggen: Einer gibt ein Thema vor, viele geben ihren Senf dazu.

    Mir persönlich wurde das irgendwann zu blöd da ich den Sinn eines Forums nicht darin sah den Alleinunterhalter zu spielen. Zumal ich beim Forum weder Einfluss auf die technische noch auf die inhaltliche Ausrichtung nehmen konnte.
    Eher durch Zufall kam ich dann zu Freenet und seinen Tagebüchern (Log-Bücher). Mit vielen Zwischenstationen bei diversen Bloghostern entschloss ich mich irgendwann dazu Serendipity (S9Y) auf dem eigenen Webspace zu installieren. Später wechselte ich, da es wesentlich mehr Anwender gab, zu WordPress.

    Es gibt also viele Wege wie jemand zum Bloggen gekommen ist. Ich für meinen Teil habe mich aber nie an Diskussion um Tagebuchschreiber und Blogger beteiligt. Für mich stand (und steht immer noch) eher die Unterscheidung zwischen professionellen Autoren (Journalisten) und privaten Autoren im Vordergrund. Über welche Themen und in welchen Umfang jemand in sein „Blog“ schreibt, und ob er es dann auch Blog oder Tagebuch nennt, finde ich eher unerheblich.
    Der Begriff „Bloggen“ und „Blogger“ wurde für mich ab dem Zeitpunkt signifikant, als ich begann bei einem Bloghoster (mein erster Bloghoster war MyBlog) zu schreiben. Ab da begann auch ich mich als „Blogger“ zu sehen bzw. zu bezeichnen.
    Ob das was ich die Jahre vorher gemacht habe und ob man es als „Bloggen“ bezeichnen kann, ist für mich keine entscheidende Frage. Denn es ist ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess in dem es viele Zwischenschritte gibt die man so halb als Bloggen bezeichnen könnte, zur anderen Hälfte aber auch wieder nicht.

  • Vielen Dank für interessanten Beitrag.
    Ich habe die Icons der deutschen Blogs im Projekt „Blogosphäre in Icons“ (_http://www.internetnotizen.de/blogosphaere/) gesammelt. Hoffe, dass es interessant für Leute sein kann.

    P.S.: Das ist keine Werbung 😉

  • Verwundert 😉 habe ich gelesen das sich Blogs nicht zu Foren weiterentwickeln.
    Ich bezeichne die Blogs als „Kinder der Foren“ welche aber genausowenig ihre „Alten“ umbringen wie die Kids IRL.
    (Daher können aus manchen Blogs durchaus neue Foren entstehen)
    In der Zukunft wird es sowohl auch Blogs wie Foren weitergeben – trotzdem freue ich mich auf viele neue, zukünftige phantastische Projekte.
    Freuen tut uns, das unsere warteschlange in der Archivgrafik
    aufscheint.
    @all Schöne Feiertage und einen guten Rutsch nach 2008 aus Wien 🙂
    RokkerMur

  • Ich stelle immer wieder fest, dass ich ohne Blog nicht könnte. Man erfährt immer so viel neues und kann sich austauschen. Was haben wir eigtl. vor diesem Blog-Leben gemacht? 🙂

  • […] sich weiter in der Historie bewegen möchte, dem sei ein weiterer Artikel geschrieben von Robert Basic ans Herz gelegt. – Interessanter Schlusssatz: „Kann also sein, dass etwas anderes als Blogs dazu […]

  • Das mit der „Verschmelzung“ ist aber eine sehr persönliche Sicht von „Melody“. Sie war damals der führende Kopf der „Diaristen“ und hat sich mit der neuen „Bloggerbewegung“ besonders schwer getan.

  • Ich nutze die Kalenderfunktion in den Blogs sehr gern. Sie war und bleibt die bequemste aber vor allem die schnellste Art, um sich durch die Beiträge im Blog durchzuklicken. Unschlagbar ist diese Funktion dann, wenn man das Datum (auch ungefähr) kennt. Wieso dann diese Funktion nicht mehr anbieten?

  • Gut hundert Blogs sollen sich seit Sommer 2010 beteiligt haben. Dass die Geschichte so lange unaufgedeckt blieb, mag an dem Knebelvertrag liegen, den die Firma den Bloggern aufgezwungen hat und der der taz vorliegt. Bestandteil ist eine Verschwiegenheitsklausel, Vertragsstrafe 5001 Euro. Ein horrender Betrag für die meisten Beteiligten, die sich, so vermutet Pallenberg, mit der Schleichwerbung nur die laufenden Kosten wieder reinholen wollten.

  • Hallo,

    faszinierend – dieser Beitrag ist jetzt fast 9 Jahre alt und wurde an meinem 22 Geburtstag verfasst. Noch faszinierender ist aber, dass mir beim lesen überhaupt nicht aufgefallen ist, wie steinalt dieser Beitrag ist. Tolles Ding! Das Lesen hat auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht und wird wohl auch in den nächsten Jahren nichts an Interessantem verlieren – denn noch immer sind unzählige Digital Natives unterwegs, die diese ganze Entwicklung von Anfang an miterleben durften. Ich kam durch diesen Beitrag jetzt erst einmal dazu, mir Gedanken über das „wie war das damals“ zu machen. Ich musste lachen, als mir eingefallen ist, wie stolz ich auf meine drei beepworld-Seiten war und wie es 200.000 Menschen „gefeiert“ hatten, als Knuddels.de seinerzeit die Homepage eingeführt hatte… Tagebuchschreiber waren jedenfalls unzählige unterwegs, das stimmt.

    So sehr mir der Beitrag auch gefallen hat, so sehr muss ich mich allerdings dagegen wehren, pauschal zu behaupten, es hätte zwei Lager gegben. Vielmehr ist es doch so, dass sich aus den Diaristen Blogger entwickelt haben. Der Mensch beschäftigt sich, wenn er sonst nichts hat, erstmal mit sich selbst – und so schreibt man über sich und sein Tun – kommt nach und nach zu anderen Themen. Das Spiel läuft doch heute noch genauso – und erkennt man an den immer noch brav gefüllten „über mich“-Seiten vieler Blogs.

    Der Unterschied heute: Man schreibt heute keine Onlinetagebücher mehr – man hat dafür Timelines in diversen SNS.

    So viel zu meiner Meinung dazu.

    LG
    Sebastian (-: