ich hatte gestern eine Umfrage gestartet. Frage war: Ab welcher Summe würdet Ihr ein oder mehrere Blogpostings auf Eurem Blog schreiben, zugunsten einer Firma. Aber ohne anzugeben, dass man dafür Geld genommen hat. Zugegeben, ich habs in dem Szenario dem Leser sehr einfach gemacht: die Firma hat ein sauberes Image, ein gutes Produkt, ein hohes soziales Engagement und fährt eine super Mitarbeiterpolitik. Leidet aber unter dem schwachen Produktabsatz, so dass 1000 Arbeitsplätze bedroht sind.
Das war aber auch das Ziel, die Hemmschwelle gedanklich zu senken, so daß man eher bereit ist, unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit Geld anzunehmen, um über die Firma positiv zu schreiben. Unten schreibe ich bisserl was zur üblichen „Bestechungspraxis“.
Insofern mögen die Ergebnisse nicht verwundern, aber die Interpretation dessen, ob das dennoch akzeptabel ist, überlasse ich einem jedem selbst:
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– 91% würden Geld annehmen (ohne Disclosure!!!)
– 9% würden auf keinen Fall Geld annehmen (ohne Disclosure!!!)
– wieviele Geld annehmen würden, unter Angabe eines Disclosures, ist nicht ableitbar!
– die meisten würden für recht geringe Beträge Postings verfassen
– 60% der Blogger geben sich mit einem Betrag zwischen 500-5.000 Euro zufrieden
– 31% der Blogger erwarten einen Betrag größer als 5.000 Euro
(ja ich gebe zu, bin absolutely shocked über das Gesamtergebnis, s.u.)
(Klick auf Grafik führt in ein Google Spreadsheet mit den genauen Daten)
Aus Transparenzgründen: ich bin in mich gegagen und bin zum Schluss gekommen, dass mich Beträge ab 50.000 Euro, also jenseits von gut und böse im realistischen Sinne, langsam zum Grübeln bringen würden.
Ist die Umfrage wirklich praxisnah? Unter dem Vorzeichen, dass man als Unternehmen einen Blogger bestechen möchte!
In der Praxis muss man davon ausgehen, dass eine Firma stets einen Blogger mit dem bestmöglichen Selbstbildnis umgarnen wird, über kleine Anerkennungen und Gespräche (nicht unbedingt finanzieller Art) eine persönliche Beziehung aufbauen wird, der sich bis hin zu dem Punkt akkumulieren wird, als dann wohlgesonnener Blogger ein verdeckt bezahltes Postings zu verfassen. Ich gehe dabei von smarten Firmen aus, die nicht mit der Tür ins Haus fallen.
Leiten wir diesen Prozess in der üblichen Geschäftspraxis ab: Ich bin sicher, viele unter uns als Budgetverantwortliche kennen dieses langfristige Spiel der Externen. Man trifft sich, man geht gemeinsam einen heben. Man lädt sich zu Geburtstagen ein. Man überreicht hier und da eine Weinkiste. Dieser persönliche Beziehungsaufbau wirkt langfristig. Der Externe lernt dadurch die Schwachpunkte des Mitarbeiters kennen und weiß, wo er ihm was gutes tun kann, um einen Zustand der gegenseitigen Erkenntlichkeit aufzubauen. Es ist insofern nicht verwunderlich, dass man Mitarbeitern Geldgeschenke jeglicher Art untersagt, aber auch Sachgeschenke ab einem Wert X explizit strikt verbietet, sonst droht die fristlose Kündigung. Oftmals entsteht ein unglückliches Geflecht aus dem Transfer von Mitarbeitern zwischen sagen wir mal bspw. Beratungshäusern und Kunden. Die Ex-Mitarbeiter eines Beratungshauses bekleiden dann hohe Positionen beim Kunden. Und prompt stärkt man rein zufällig die Position des Beratungshauses, wenn es um Aufträge geht. Es geht also häufig nicht um Geld, man stellt es viel geschickter an. Aber das nur mal am Rande. Die Versuchung im Firmengeschäft mag ungleich größer sein, da es oftmals um Aufträge in Millionenhöhe geht. Doch wer sagt denn, dass ein Blogger nicht durchaus für eine Firma einen immens hohen Wert darstellen könnte? Glaubt jemand wirklich, dass zB ein Posting auf Techcrunch keinen Wert hat?
Ich weiß, dass man so eine Umfrage nicht für jede Situation heranziehen kann, um auf eine generelle Bestechlichkeit der Blogger abzuheben, zu jedweder Situation und zu jedwedem Anlass. Zu unterschiedlich sind Blogger, zu unterschiedlich die Unternehmen und deren Herangehensweisen. Dennoch muss man sich auf die Tatsache fokussieren, dass – was auch immer der Grund und Anlass sein möge – Blogger prinzipiell bereit sind, Geld ohne Angabe eines Disclosures anzunehmen. Dass wir uns nicht falsch verstehen: die Annahme von Geldbeträgen unter dem Siegel der Verschwiegenheit ist keine Geschichte von grau-grau, sondern schwarz-weiß. Entweder nimmt man das Geld oder nicht. Und btw auch rechtlich ohne Zweifel angreifbar!
Der Sinn meines Beitrags ist nicht, den Moralapostel auszupacken, sondern sich der Konsequenzen bewußt zu werden, der Mechanismen dahinter, warum man eigentlich Geld annehmen würde und wie man nach diesem Gedankengang gefestigter herauskommt.
Meine persönliche Meinung zu dem Ergebnis: ich bin ziemlich geschockt, dass eine dermaßen große, absolute Mehrheit Asche unter dem Siegel der Verschwiegenheit annehmen würde. Das ist der Hammer!!! Stattdessen wäre es doch viel einfacher, auf das Geld zu verzichten und offen seine Sympathie zu dem Produkt/der Firma zu bekunden. Das Ergebnis hätte also „91% = niemals“ und „9% = ja, vielleicht, ab einer Summe X“ lauten sollen. Es spielt imho keine Rolle, ob die Firma für den Arsch ist oder nicht. Die Tatsache, dass eine Firma überhaupt mit so einem Begehren auf einen zukommen würde, disqualifiziert alles, selbst das beste Image.