wurde jüngst per Mail gefragt, was ich denn von „Annäherungsversuchen“ der PR Agenturen halte, die eine persönliche Beziehung zu Dir als Blogger aufbauen, die es also geschickter, weniger plump angehen?
Das hängt ganz davon ab, ob Du Dich zu einem nützlichen Idioten der PR Agentur machen lässt oder das Spiel erkennst und Deinen Profit rausholst. In der Regel wird es immer so sein, dass die PR Agentur bzw. einer oder mehrere Mitarbeiter an Dich herantreten, sei es mit Linktipps für Deinen Blog, sei es mit Zusatzinfos, what ever. Irgendwann trifft man sich. Es kann auch passieren, dass sie Dir Aufträge zuschanzen. Diese Strategie zB fährt Edelman weltweit mit Bloggern. Mal holen sie Blogger als Experten ins Haus, mal vergeben sie Aufträge an IT Blogger, mal kuscheln sie einfach so halt.
Wenn man das ganze als Geschäft versteht, ist es kein Problem. Du nutzt die Infos und Zugänge der PR Agentur für Dein Blog und Dein Geschäft, sie nutzen den Zugang zu Dir und Du musst letztlich beurteilen, ob Du dann auch zu einem unkritischen Sprachorgan werden möchtest oder aber weiterhin mit Deinem Kopf denkst, wenn es um News geht, die man doch gerne auf Deinem, Blog sehen würde. Wer das Ganze persönlich sieht, also denkt, dass es hierbei um Deine nette Nase geht, hat gleich verloren in diesem Spiel. Also, denken, Augen auf und seinen Vorteil sehen, its business as usual. Sagen wirs mal so: wenn Du ein rein privater Blogger bist, würde ich etwas vorsichtiger als sonst sein und mich fragen, warum die PR Agentur mit Dir kuscheln möchte. Das, was zB Edelman mit Pro-Walmart Bloggern gemacht hat, diese mit bestimmten Infos zu füttern, um den Wal-Mart Gegnern aus der Grasroot-Ebene heraus Kontra zu geben, ist ein sehr gefährliches Spiel, wenn man sich als Blogger darauf einlässt. Könnte mir das durchaus auf politischer Ebene zum nächsten Bundestagswahlkampf gut vorstellen. Am besten ist es, Du setzt Dir eine Black or White Blogstrategie auf. Und genau das teilst Du von mir wegen auch der PR Agentur mit. Offenes Visier. Nicht Freund, nicht Feind, man betrachtet alles auf den Fall bezogen. Und fragst Dich, warum und wieso Du Infos auf dem Blog verfüttern möchtest, die direkt aus der PR Agentur stammen. Ob Du voll dahinterstehst und ob Du angibst, woher Du diese Info hast. Du kannst aber ebenso gut damit fahren, indem Du weitestgehend die dann mit den Unternehmen aufgebauten Kontakte nutzt, also weniger auf Dauer über die PR Agentur gehst, um Infos zu bekommen. Bei Web-Startups bevorzuge ich immer den Kontakt zum Inhaber, weniger zum PR-Manager, der idR keine Ahnung von der Fachmaterie hat, nur für die Kommunikation zuständig ist.
Es wird Dir dabei auch passieren, dass Du zu Events eingeladen wirst, wo Du uU die Kunden der PR Agentur kennenlernen wirst. Es geht dann nicht mehr um unmittelbare Infos, sondern um eine Art persönlichen Beziehungsaufbau, der dazu führen kann, dass Du dem Unternehmen gegenüber positiver eingestellt bist. Auch hier stets daran denken, dass es nur ums Geschäft geht, nicht um Deine nette Nase. So wurde ich von Microsoft nicht nach Las Vegas eingeladen, weil ich so ein lieber Kerl bin. Du musst dann aber auch wissen, wie Du einerseits mit der Topbetreuung im Sinne von positiver Grundbeeinflussung umgehst (dazu gehört auch, sich bewusst zu machen, warum man Dir ein top Rahmenprogramm anbietet). Andererseits wie transparent Du die Umstände beschreibst und Dich zum Thema selbst (Konferenz in Las vegas informiert Webdeveloper über Microsofts Angebote) äußerst. Ich selbst halte es da als Egoschwein: das Gute an der Reise wie eine Art Schmarotzer mitnehmen, wohlwissend, dass es nicht um Freundschaft geht und wenn das „Produkt“ Schwachsinn ist, genau das auf dem Blog auch kundtun (nach dem Motto „tolle Reise, beknackte Produkte“). Wenn Du positiv über das Produkt schreibst, musst Du eben klipp und klar darstellen, was denn so superb dran ist und was drumherum passiert ist, dass Du so gut gelaunt bist. You know?
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Und wenn alles versagt? Du bist toll drauf, das Rahmenprogramm hat Dich umgehauen, Du findest die PR Manager sooo nett? Hey, Du bist ein Blogger. Wenn alle inneren, mentalen Stricke reißen, besinn Dich auf das, was Du als Blogger bist. Wozu hast Du ein Blog, damit Dich die Leser ungespitzt in den Boden rammen können, wenn Du eben schwach warst und durch eine rosarote Brille berichtest? Verstehe das nicht als Attacke oder Verlust des Ansehens, sehe das als Chance, sich eichen zu lassen, wenn Du zu positiv warst. Das genau unterscheidet uns von den Journalisten, die im Großen und Ganzen in diesem Spiel verdorben wurden, weil sie keiner externen Kontrolle unterliegen. Deine Leser weisen Dir den Weg, nutz das und akzeptier das!!! Diese Kontrolle durch Leser und andere Blogger ist die beste Antiwaffe, die wir überhaupt haben können im Kampf um Awareness und positive Stimmungsmache. Scheiß einfach auf das, dass andere die ach so kritische Blogosphäre schmähen. Ohne diese Kritikaffinität wäre die Blogosphäre wirklich nur ein Müllhaufen.
drei+1 kleine Tipps zum Abschluss:
– „Du“ bricht Tabus, gaukelt persönliches Involvement vor. Unerfahrenere PR Manager fallen manchmal darauf rein und öffnen sich zu früh, so dass Du die echte Story erfährst, um die es eigentlich geht
– Spiel den nützlichen Idioten und knall „ihnen“ dann die echte Story auf dem Blog vor den Latz. Das verschafft Dir bei professionellen Agenturen in Zukunft Respekt, man wird dann auch etwas authentischer mit Dir verfahren
– sei in den Mails ruhig frech und frag danach, ob man neben dem Geschwurbel auch echte Infos bekommen kann, egal, ob die Infos bereits gut sind oder nicht. Entweder brechen die den Kontakt zu Dir ab oder man rückt mit weiteren Infos nach. Repeat until zufrieden
– „drohe“ mit Deinen kritischen Lesern („meinen Sie? Ich weiß ja nicht, wie das meine Leser sehen werden“). Die haben dutzendfach mehr Schiss vor denen als Du. Das kann dazu führen, dass man Dich mit besseren Infos füttert oder man macht den Rückzieher.
ach ja, was oben vielleicht nicht klar herauskommt: PR Menschen sind auch nur Menschen, nicht etwa die Inkarnation des Bösen. Behandelt sie also mit dem gleichen Respekt, wie ihr es für Euch selbst in Anspruch nehmen würdet.