wir haben OhmyNews in Südkorea, das weltweite Vorbild vieler Bürgerjournalismus-Projekte mittlerweile. Ein Portal, das sich aufgeschwungen hat, den Usern die Gelegenheit zu geben, die damalig neu gewonnene Meinungs- und Redefreiheit in Südkorea mit aller Macht auszutesten und auszukosten. Der Erfolg ist immens. Nebst dem guten Redaktionskonzept aber ist die eigentliche Triebfeder, so die übereinstimmenden Interpretationen, genau dieser Punkt. Man kann selbst seine Stimme erheben. Was man vorher nicht durfte. Nicht einfach so vor Publikum.
In D haben wir die Readers Edition, die von einem klassischen Entrepeneur gegründet wurde, der auch die Netzeitung auf den Weg gebracht hat. Was passiert also, wenn man es unternehmerisch angeht, so ein Ding? Meine Meinung ist nach wie vor: Es fehlt dem Projekt die Bürgerseele. Wenn Du Menschen fesseln willst, musst Du ihnen eine Idee und eine Vorstellung geben, die weitaus größer als die Eigentmotivation des Unternehmers dahinter ist und die weit über das hinausgeht, wie man denn nun technisch, bezahlt und redaktionell Inhalte einsteuern soll, sprich die zwar nicht unwichtigen, aber null kriegsentscheidenden Fragen.
Mit einer nachvollziehbaren Vision schmetterst Du eine Readers Edition an die Wand und lässt deren Ansatz verblassen. Selbstverständlich kannst Du dabei den Interessenten mitteilen, dass Geld immer eine Rolle spielen wird, weil nur mit Luft und Liebe laufen die Server nicht, die Programmierer arbeiten nicht, ebensowenig lässt sich damit der Traffic bezahlen. Du musst eben nur klipp und klar mitteilen, was Du mit der Kohle machen willst. Den nächsten Porsche vor die Tür stellen oder sich weit, weit als Unternehmer zurücknehmen und den Usern den Vortritt lassen?
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Die alles entscheidende Frage ist also, ob es etwas gibt, dass die Bürger bewegt, ihre Stimme auf einem Netzportal erheben zu wollen oder nicht? Und es kann nicht darum gehen, dass man auf journalistische Schreibqualität achtet. Denn, wie immer, ein Mensch mit Herzblut hat viel mehr zu sagen, als ein mit großartigem Schreibtalent ausgestatteter Journalist. Ich sags mal ganz drastisch: scheiß auf die Grammatik, achte auf den Inhalt! Und es kann nicht darum gehen, dass man die User über die neueste WordPress-Software schreiben lässt, ebensowenig über das neueste Automodell aus dem Munde eines Bürgers. Was bewegt die Menschen in diesem Land? Was interessiert sie brennend? Mit welcher Vision willst Du fesseln? Begeistere Menschen und Dein Bürgerportal wird ein OhmyNews2. Doch ich sehe niemand, der den Willen und den Mut dazu hat, eine derartige Power entfesseln zu wollen. Auch nicht den notwendigen Rebell in sich, auf Etikette und soziales Ansehen zu verzichten, wenn es hart auf hart kommt. Aber auch den Anstand, die Moral und die Standfestigkeit, nicht von der Macht zerfressen zu werden, die einem dadurch gegeben wird (das ist etwas, das ich der deutschen Medienlandschaft vorhalten würde, sie haben sich korrumpieren lassen von dem Zugang zu den Wichtigen des Landes)