was macht JoinR nun nach dem Start der öffentlichen Alphaversion (auch das war eine Entscheidung per se, bewußt schon sehr früh rauszugehen damit, um viel eher das Produktpaket am User und nicht nach eigenem Bauchgefühl auszurichten)? Ich zähl mal auf, was eh bekannt sein dürfte:
– Anfragen von Investoren zur Kenntnis nehmen. Wobei man hierbei noch sehr zurückhaltend vorgeht, sich mit einem Investor zu verheiraten. Denn noch ist unklar, ob JoinR ein Erfolg wird und man möchte von daher völlig unabhängig und frei bei den nächsten Schritten agieren können
– das massive Feedback der User aufnehmen und daraus eine Liste von Verbesserungsmaßnahmen aufstellen und abarbeiten. Hierbei priorisiert man natürlich. Punkte, die nicht so wichtig erscheinen, werden hinten angestellt, solange es keine Bugs sind, eher kleinste Verschönerungsarbeiten betreffen. Punkte, die zentral erscheinen, da sie bestimmte Aspekte der Userinteraktion betreffen, werden ganz nach vorne gestellt. Denn Interaktion ist der Dreh- und Angelpunkt, um Usern einen Nutzen zu vermitteln. Das wiederum, wenn User mehr als zufrieden sind, wird sich positiv auf das User-Marketing auswirken, sprich man achtet auf das Schaffen einer gewissen Begeisterungsqualität (Erwartungen übererfüllen, positiv überraschen). Beispiel: achte ich mehr darauf, zB das eigene Userprofil super duper hinzubekommen oder doch eher all die Funtkionen zu verbessern, die für das Vernetzen der User untereinander zuständig sind? Hierzu sollte man in der Lage sein, von vornherein sich darüber im Klaren zu sein, was denn ein Social Network für die gegebene Zielgruppe so spannend macht. Daran kann man sich dann bei seinen täglichen Entscheidungen, wie man das Produkt weiterentwickelt, entlanghangeln (wir reden ja von der Frühphase eines Produkts)
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– bisher zeigt sich, dass das offene Space-Konzept (User können ihren Space völlig frei gestalten) superb ankommt. Es besteht also ein Bedarf bei der Usergruppe, seiner eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen bzw. die eigene Persönlichkeit abzubilden. Das wiederum bekommt man nicht nur via Feedback mit, sondern vaD durch die eingebauten Mess-Metriken, Userpfade zu tracken, um herauszufinden, welcher Knopf, welcher Bereich und welche Funktion iA am meisten genutzt wird und welche weniger. Ich kenne zahlreiche Startups, die sich rein auf das Feedback und die Logfile-Analysen verlassen, was mE tödlich sein kann. Du kannst nicht alles, was ein User an Feedback von sich gibt, für bare Münze nehmen geschweige denn auf die Masse ableiten. Oftmals gibt es zwischen Aussagen und echtem Nutzerverhalten große Abweichungen.
– die Idee, den Erstzugangsweg zu JoinR so schnell und kurz wie nur möglich zu gestalten, ist ein dicker Pluspunkt, den die User sehr positiv aufgenommen haben. Man muss lediglich seinen User-Nick (realtime Check, ob Nick bereits vergeben!) und PW angeben, das wars. Kein Approval via Mail, noch das Ausfüllen von zig Datenfeldern nervt. Rein und los ist die Devise. Ein ebenfalls ungemein wichtiger Aspekt: das unaufdringliche Erfragen weiterer Daten (Ort, Schulname…) erfolgt in einer kleinen Box oberhalb neben dem JoinR Logo. Auch hier: man fragt nur einen Datenpunkt ab, nicht alles auf einmal. Der User kann das ignorieren (weil es auch bei der Navigation nicht stört, also kein Layer zB), wenn er will. So drängelt man sich dem User nicht auf. Wenn er keinen Bock per se auf JoinR hat, wird er mit Datenabfragen nicht genervt, wenn er sich aber längere Zeit auf JoinR aufhält, dadurch die Features kennengelernt hat, gibt er peu a peu seine Daten ein, weil er auch den Nutzen dahinter dann verstanden hat, wozu man das braucht. Wie nennt man das so schön: be unobtrusive. Btw, das Unaufdringliche, Dezente ist defintiv eine Eigenheit deutscher Kultur, andere Kulturen haben da weniger ein Problem damit.
– man verlässt sich nicht nur auf die Zufriedenheit der User, den eingebauten Einladungsfunktionen und auf Mundpropaganda. JoinR sucht und findet zur Zeit nicht nur im nationalen Bereich spannende Kooperationspartner im Web, die möglicherweise gut zueinander passen könnten. Jungen Firmen schadet es nicht, wenn sie größere und große Partnerfirmen finden, wenn es um die Frage geht, wie man die Vertriebswege ausbauen kann. Immerhin kommt ein glücklicher Umstand hinzu, dass die Techniken so weit sind, um zB via APIs/Mashups spannende Dinge kreieren zu können. Beispiel: YouTube hat nicht zu knapp davon profitiert, dass MySpace User Videos auf ihren MySpace Seiten einbauen konnten. Die zentrale Frage ist, der sich alle Social Networks heute stellen müssen, wie weit man denn überhaupt Wallte Gardens hochziehen möchte oder doch nicht lieber eine offene Struktur wählt, die es dem User erlaubt, oW zwischen den Networks frei wandern zu können oder nur bestimmte Features zu nutzen. Es ist ja nicht undenkbar, dass man auf einer eigenen Page Funktionen aus MySpace, Xing und Flickr mischen kann.
– systemtechnisch versucht JoinR die Plattform von vornherein so zu bauen, dass sie gut skaliert. Was natürlich eine Arbeit ist, die nie aufhören wird. Kaufmännisch gesehen, werden die Effizienzmerkmale eines Systems oftmals unterschäzt. Kein Wunder, sind doch die meisten Gründer eher weniger BWLer. Doch gerade dieser Punkt kann über das Wohl und den Fortbestand eines Startups entscheidend sein. Wer es schafft, eine kostengünstig skalierendes System auf die Beine zu stellen, hat mehr Luft für einen längeren Weg. Die Kosten pro User sind unbedingt niedrigstmöglich zu halten. Siehe hierzu auf alle Fälle die Story How Efficient is Digg? und die SQL Reihe auf dem O’Reilly Radar Blog (hab den Link just nicht parat. Kleinere und große Webfirmen haben ihre Datenbank-Konzepte vorgestellt, wie sie mit hohen Lasten zurechtkommen).
– die JoinR Jungs verstehen es, sich aufgrund des positiven Feedbacks zu motivieren. Joe Kraus hat das auf seinem (mittlerweile deaktiven) Bnoopy-Blog wunderbar beschrieben, wie wichtig es ist, kleine Milestones innerlich zu honorieren und auch mal die Sau rauszulassen. Das vergisst sich nur zu schnell im Tagesgeschäft. Meine Empfehlung: Bnoopy-Blog fressen, die Erfahrungen von Joe Kraus sind Gold wert.
so, das mag langen, könnte noch ewig weiterschreiben
Nachtrag wegen entsprechenden Fragen via Mail: JoinR hat sich bewußt entschieden, sehr früh rauszugehen mit Produkt, das noch laaange nicht den Stand erreicht hat, der den Machern vorschwebt. Auch hinsichtlich Stabilität, Zuverlässigkeit, Navigierbarkeit, Schlüssigkeit, etcpp… ich erinnere gerne an die Worte von Guy Kawasaki (siehe Podcast rechts in Sidebar) „be crappy“! Social Networks sind ungemein komplex, machen wir uns nix vor. Es gibt keine wissenschaftliche Methode, das soziale Miteinander von Menschen elektronisch abzubilden. Definiere „Liebe“ elektronisch? Wie sieht das denn aus? Wie fühlt sich das an (nein, plz, nicht Pornoseiten…). Entweder kopiert man wie StudiVZ fertige Konzepte zu 99% und verfeinert diese um 1% oder aber man geht eigene Wege. Komplexität bei den Entscheidungen kann man aber nur dadurch reduzieren, dass man Top-Experten anstellt (was nur etablierte Unternehmen tun können, dazu gehören auch sehr teure Marktstudien. Dass das dennoch nicht immer nur mit viel Kohle gut geht, sah man am Smart oder auch an Apple) oder aber man geht sehr früh raus und richtet sich dann eng am User aus. Dazu muss man aber einerseits wie oben beschrieben Messpunkte einbauen und andererseits verdammt gut zuhören können. Und, vaD auch selbstbewußt sein, da man natürlich Gefahr läuft, mehr kritisches Feedback als sonst üblich abzubekommen, weil das Produkt nicht fertig ist. Und das Streben nach dem Super-Produkt, vorher geht man nicht raus, kann im Web fatal sein. Nicht nur, weil der Konkurrenzspeed so groß ist, sondern weil bei Social Networks eben aufgrund der Komplexität ein Super-Produkt nicht planbar ist. Und ein bisserl ist es auch das Gefühl, dass man Usern nicht zutraut, den Unterschied zwischen einem fertigen und unfertigen Produkt verklickern zu können. Lieber also warten, bevor man zu früh rauskommt und in Grund und Boden kritisiert wird. Bei JoinR zeigt es sich, dass eine immens große Mehrheit eben nicht mit dem besagten Reptiliengehirn geboren ist, sondern durchaus versteht, ein Teil eines werdenden Produkt zu sein. Und, da die Feedbacks auch zeitnah (auch in den Blogs) beantwortet und umgesetzt werden, honorieren das die User immer mehr. Sevenload hat das btw ebenfalls prima gemacht, was das Feedback anging: man hat sauschnell reagiert. Nicht umsonst hat sich Sevenload damit ein gutes Image aufgebaut.
Ich empfehle übrigens an dieser Stelle gerne Guy Kawasakis Buchbesprechung mit Michael Raynor:
This book goes a long way in explaining how strategy makes or breaks a company. To put it another way, I won“t think I“m so smart if a company that I invest in succeeds, and I won“t think I“m so dumb if it tanks.
es zeigt auf, wie wichtig Strategie sein kann, komplexe Szenarien unternehmerisch noch handhaben zu können. Social Networks sind imho hochkomplexe Abenteuer. Wobei ich mit der Aussage von Michael nicht übereinstimme:
Start-ups tend to be enormously resource constrained. Typically they are not able to devote money and time to the problems of strategic uncertainty. As a result, start-ups tend to be „bet the farm“? propositions: high risk, with the potential of high reward. Such firms don“t manage strategic risk, they accept it
Michael unterschätzt die Power einen frühen und systemischen Userkommunikation gewaltig, Risiken zu minimieren und das werdenende Produkt entsprechend auf einem günstigen Landeanflugpfad zu bewegen. Dennoch, natürlich liegt er nicht ganz falsch, dass Startups keine Strategie haben. Es hat schon seinen Grund, warum es so dermaßen viele Copycats gibt. Ich gehe gar soweit zu behaupten, dass die meisten erfolgreichen Startups keinen blassen Schimmer haben, warum sie eigentlich erfolgreich waren. Sie haben mit viel unternehmerischen Gespür ein Konzept kopiert und gehofft, dass es noch genug Bedarf auf einem bestehenden Markt gibt bzw ähnlichen Bedarf auf ihrem nationalen Markt. Hat jemand jemals von Ehssan, Samwer, who ever gehört, warum ausgrechnet Social Networks erst ab 2003 zu einem Knaller wurden oder Blogs oder was auch immer? Sie wissen es nicht, wie es dazu kam. Es mag aber auch nicht verwundern, warum Innovationen so ungemein schwer und mühsam sind. Niemand kann die Zukunft planen, man kann aber jedoch die Strategie entsprechend anpassen, wenn man sich auf unbekanntem Terrain bewegt.