bekomme eine Mail mit einem Pressetext hinein, dass der blutjunge französische Nachrichtensender France24 webseitig folgendes zu vermelden habe (gemessen seit dem Start am 07.12.06):
..the website attracted over 1 200 000 unique visitors in France, a coverage that represents 5.2% of active web surfers in December 2006. The audience breakdown for the channel’s website shows a high percentage of men (73%), individuals aged over 35 (77%) and the higher SPCs (46%) The total number of page views on www.france24.com is in excess of 15 million. In addition, according to the FRANCE 24 traffic measurement tool, visitors to the channel’s website come from 200 countries throughout the world. The geographical breakdown is 35% France, 26% U.S.A, 8% U.K. and 5% Canada, followed by Belgium, Germany, Morocco and Spain.
Schauen wir doch mal näher hin. War ja damals Anfang Dezember nach Paris eingeladen worden, um zusammen mit 12 Bloggern aus allen möglichen Ländern mehr über das französische „CNN“ zu erfahren. Siehe Tag France24. In einer Videoaufzeichnung hatte ich darauf hingewiesen, dass zwar France24 ganz bewußt – wie sollte es bei so einem jungen Medienstartup im digitalen Zeitalter auch anders sein – besonders eng den TV-Medienkanal mit dem Web-Kanal koppeln wolte, doch sind das alles zunächst nur Lippenbekenntnisse. Die Realität zeigt dann auf, wie gut man wirklich ist und was sich von der zurechtgelegten Strategie darin wiederfindet. Fast drei Monate sind nun rum. Sollte sich wirklich was Tolles getan habe, wäre ich mehr als positiv überrascht. Wenn nicht, wäre das kein Beinbruch, da ein junges – auch mit 80 Mio Euro vollgepumptes – Unternehmen nicht hexen kann. Lets see…
Also husch zur Seite. Es hat sich seitdem nicht viel getan. Die sieht immer noch eben so aus wie im Dezember vom Gesamteindruck her. Und die integrierten Videoreportagen nerven immer noch ungemein: man kann sie weder auf der eigenen Website einbinden (imho ein Standard im modernen Web), noch ist das technisch sauber gelöst. Surfe ich in eine Einzelartikelansicht, spielt das Video erneut los. Und, besonders doof, das Video stoppt nicht am Ende, sondern spielt von vorne los. Uahh…
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Nächste Punkt: Die Kommentierbarkeit ist gegeben. Man kann soweit ich sehe alles kommentieren. Doch die Topstories auf der Startseite sind allesamt unkommentiert. Entweder bin ich blind, aber ich sehe keine Kommentare. Das ist sehr bescheiden. Hätte mehr erwartet.
Weiterer Punkt: Es gibt da am Freitag eine Talkshow „Talk of Paris“ mit einem Topmoderator des franzöischen Fernsehens (Ulysee Gosset). Der regelmäßig Promis interviewt. Man kann dazu im Vorfeld Videofragen auf Dailymotion (dem französischen YouTube quasi) hochladen und France24 pickt sich dann eine bzw. mehrere Fragen der Zuschauer raus. France24 wiederum kündigt auf Dailymotion auch brav den Gast der nächsten Freitagssendung per Video an und bittet um eben diese Videofragen. Von einem Dailymotion-Manager habe ich aber auf der DLD Konferenz in München erfahren, dass die User dieses Angebot kaum nutzen. Am 26.01. ist Ban Ki-Moon dran. Wer? Na ja, halt der UN Chef. Schauts mal selbst in die eigens auf Dailymotion eingerichtete France24-Gruppe, wie es sich mit den Videoanfragen verhält. Dafür kann aber France24 möglicherweise nix, denn ich finde die Navigation supermies. Ich kann irgendwie nicht so recht zuordnen, wo denn nun die Videofragen zu den einzelnen Talk of Paris Sendungen überhaupt zu finden sind. Und insgesamt sind bis dato 69 Videos der User hochgeladen worden. Das ist sehr, sehr mau. Wie gesagt: Es kann daran liegen, dass Dailymotion die Channel-Lösung ganz mies umgesetzt hat. Glaube ich aber nicht, da Dailymotion in Frankreich die Top Videoseite ist und die User dort eigentlich klar kommen müssten. Genau dieser Punkt, eine Interaktion mit den Zuschauern via Video zuzlassen, fand ich klasse, als uns das Stanislas Leridon (verantwortet den Bereich Internet) erklärt hatte. Das aber als Beleg verstehen zu sollen, France24 sei gar Web 2.0ish, fand ich dann doch etwas viel Marketing:) Nicht missverstehen: Prinzipiell ist das ein prima Ansatz. Es ist die Praxis, die einen prüft, nicht allein der Wille, modern und digital-web sein zu wollen. Und dazu gehört auch, dass man in einer Art Regelkreis gerade zu Beginn überprüft, ob User drauf anspringen oder nicht. Nur, weil wir dieses Web 2.0-Dingens haben, bedeutet das noch lange nicht, dass nun alle User wie verrückt Videos posten, auf France24s Video-Kommunikationskanal scharf sind oder gar davon Tag und Nacht träumen, mit einem Unternehmen zu interagieren. Beispiel: das Announcement des nächsten Gastes genügt dem Anspruch nicht, User einzubeziehen. Nur weil man das per Video auf Dailymotion gar publiziert. Der Kanal im Sinne von „me too“ ist doch nahezu shitegal. Es kommt 99.99% auf die inhaltliche Ausgestaltung an. Und die ist mau. Macht zwar Gosset himself, aber Gosset ist kein Horst Schlämmer. Es müssen imho mehr Anreize her und eine wesentlich bessere inhaltliche Ausgestaltung, dass mehr User darauf abfahren. Zu gering ist die Masse derjenigen, die überhaupt mit Videoaufnahmen umgehen können. Dailymotion ist nicht Google. Und Web 2.0 ist kein Telefon. All das sind Parameter, die imho erklären, warum bisher popelige 69 Videoanfragen eingegagen sind. Grundsatzfrage: muss es denn unbedingt Video sein? Wie wärs mit Text? Für die Podcaster per Sprache? Für Telefonbesitzer eine Rufnummer mit netter Lady oder Anrufbeantworter um die Frage aufzunehmen. Billig, easy, kapiert jeder. Auch, nicht nur eine Form anbieten (bin nicht sicher, ob das schon so ist). Denn immerhin: Am Moderator und den Gästen wird es nicht liegen. Die sind over the top.
Letzter Punkt als kurzen Schnellcheck: Die Blogs der Redakteure. Stanislas Leridon meinte, dass man für jeden Nachrichtenbereich Blogs einrichten wird, die ein oder mehrere Reporter befüllen werden. Again: we are web 2.0. Au France24 gibt es dazu einen eigenen Bereich mit allen Blogs bis dato. Schauen wir uns das von Stanislas an: nennt sich Webvolution (cooler Name btw;) und hat drei Einträge: 10.01.07, 07.12.06 und 22.12.06. In der Reihenfolge. Kratz… auf jeden Fall 0 Kommentare. Gut, Stanislas hat Stress, den Laden zum Laufen zu bringen. Verständlich. Auch wenn er damit eine exzellente Chance vertut, das Werden des France24-Internetkanals öfentlich zu diskutieren. Ich bin sicher, wenn ein anderer eines Schlages von Huffington das Werkzeug und diese Position innehätte, würde der Papst auf dem Blog tanzen. Zu spannend ist dieses Thema TV, IPTV, Videoportale, Medienwandel, Digitales Zeitalter und ein konretes Multimillionen Dollar Projekt. Es geht ja nicht nur um Austauschen von Ideen, Meinungen und Marketingbotschaften. Durch das Miterleben lassen, würde man ein Fenster in die junge und turbulente Phase eines Medienunternehmens öffnen. Wozu sich sicherlich gerne weltweit zahlreiche Interessenten dazugesellen würden. Das wäre unschätzbar, schon alleine der Marke wegen udn vaD dem nachvollziehbaren kulturellen Werden und nicht dem Wollen, ein modernes Unternehmen zu sein. Insbesondere doch dann, wo alle Welt diskutiert, wie die Old Media mit dem digitalen Wandel klarkommen soll, wo die Zukunft und wo die richtigen Strategie liegen. Ein Multimilliarden Dollar Business, Big Business. Das Millionen von Menschen beschäftigt, wie es weitergehen wird. Nochmals: das Wollen entscheidet nicht, das tägliche Doing zeigt es erst auf. Wie man kommuniziert, die Leser einbindet, sich austauscht, reflektiert und sich insgesamt dialogbereit zeigt. Nur dann bringt ja ein Blog überhaupt etwas. Nicht mitteilen und herrschen, teilen und mitherrschen:) „Hey, schaut her, wir machen das so und so, was haltet ihr davon, wieso bloggen meine Jungs so mau, was sollen wir ändern, was stinkt euch, was machen wir demnächst, wo brennt es, was läuft nicht wie gedacht, wieso ist das mit den Videos auf Dailymotion verbesserungswürdig, wie gehts deinem Hund, mein Chef hat üble Laune heute, der Sever ist abgeraucht, wieso klappt das mit dem CSS nicht…“
Gut, gut, aber es sind ja noch die anderen Blogs da. Culture Jam, zwei Einträge, ein Kommentar. Business Matters, ein Eintrag, ein Kommentar. Al Laidi, ein Blog über Terrorismus und Economic Warfare. Was ein Knallerthema. Dat muss doch laufen wie blöde. Ein Eintrag, sechs Kommentare. Aber was ist mit dem Blog von dem Topmoderator Frankreichs, Ulysee Gosset zu seiner Sendung Talk of Paris? Error 404, wenn man dem Bloglink folgt. Wenn ich jetzt sagen würde, France24.com ist meilenweit davon entfernt, wirklich over the Top zu sein, was die Verzahnung TV mit dem Web angeht? Die sind immer noch sehr frisch. Grün nicht, das sind alles nur Topleute eingekauft worden weltweit. Daran kanns nicht liegen. Aber nur alleine die Blogs zu betrachten schmezrt mich als Powerblogger ungemein. Perlen vor die Säue geschmissen, würde ich in meiner kleinen Wut sagen, aber es ist unfair. Das sind keine Blogger. So wie ich ja auch kein TV Profi bin. Aber was für ne Chance man sich da entgehen lässt, ist frappierend. Lieber die Blogs schließen also? Hm… zuletzt stirbt die Hoffnung:)) Ich bin noch guter Dinge, da ich an die Lernfähigkeit von Menschen glaube.
Reicht, halten wir fest: France24 ist ein zu 50% staatlich finanziertes Unternehmen, das in seinem Anspruch, was da Web angeht, halt ne Webseite hat. Mehr nicht. Mit bisserl Videos und austrocknenden, neumodischen Elementen wie den Blogs etwa , die so gut wie nicht kommentiert werden. Die Nachrichten selbst sind halt Nachrichten, wie man sie bei N24, CNN oder Al Jazeera auch findet. Oder wo auch immer. Auch darin sehe ich nix besonderes. Gar eine ausgewogenere View der Nachrichten, den französischen Point of View, wie man uns damals im Dezember verkaufen wollte.
Resumee: Pontenzial verschenkt, Potenzial nicht tot, ein TV Nachrichtenkanal ohne große Differenzierungsmerkmale zur Zeit. Alter des Unternehmens nach öffentlichen Start: 3 Monate. Ein Baby, das gelernt hat, sein Köpfchen zu heben. Krabbeln, laufen und sprechen… das dauert halt noch seine Zeit. Ich habe sie. Wir sehen uns wieder in drei Monaten;)
Ich tu’s mal hier rein, weil’s vielleicht auch a bissle zum Thema passt. M.E. beweist unsere Nova, der kleine Blondschopf, dass auch JournalistInnen erfolgreich bloggen tun. Die Anzahl der Kommentare bestätigt des ebenfalls, obwohl die Postfrequenz nicht sehr hoch ist. Btw., einfach süss, die Kleine!
Das hat sich ja in der Zwischenzeit bewiesen das nicht viel daraus wurde. Ich denke du hast das ja irgendwie gewusst.
Es ist irgendwie schade wenn man bedenkt was die machen konnten, aber was solls – some come and some go… ces’t la vie – no?