spannende, öffentliche Diskussion von Sven – der für das Cyberbloc von Cyberport verantwortlich zeichnet – im Artikel: Wo sind nur die Blogger hin? Wo sind sie geblieben? Die Schwierigkeiten des Corporate Blogging . Eventuell habt Ihr Lust, dort mitzudiskutieren? Immerhin bekommt man nicht jeden Tag die Möglichkeit, beispielhaft die Problemstruktur an einem praktischen Fall durchzugehen.
Worum gehts?
Der ständige Leser des CyberBlocs wird feststellen, dass die überwiegende Mehrzahl der geschriebenen Artikel von mir stammt. Nun könnte man es auf einen übertriebenen Ehrgeiz des Chefredakteurs reduzieren, oder aber man überdenkt die Angelegenheit doch etwas komplexer. Mein großer Wunsch ist es selbstverständlich noch mehr regelmäßige Schreiber für das CyberBloc zu finden, eine Zielstellung die der Pluralität innerhalb des Blogs zu Gute kommen sollte. Hier bedarf es einer Menge an Aufklärungsarbeit, einen ersten Ansatz konnte ich mit einer Infoveranstaltung am vorigen Montag zu diesem Zweck setzen.
Knackpunkte
Und spricht drei Problemzonen an, warum es nicht so einfach fällt, Mitarbeiter für das Corporate Weblog von Cyberbloc zu gewinnen:
1. Zeit
2. Unsicherheit bei Themenauswahl
3. Positionierungsfaktor als größtes Problem
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Einzelbetrachtung der Knackpunkte
Zeit ist immer eine Frage des Willens der – da wir von einem Unternehmen reden und nicht von einem katholischen Verein – Investitionswilligkeit seitens des Managements, der Aufgabenbereiche und damit letzlich auch der Prioritäten. Unsicherheit bei der Themenfindung basiert letztlich darauf, daß Mitarbeiter das Gefühl einer Art von Künstlichkeit verspüren. Wozu bloggen, wenn es nur Zeit kostet, uU gefährlich ist und dazu keiner „befohlen“ (was noch schlimmer wäre) hat? Und der Positionierungsfaktor? Sven: Der größte Knackpunkt eines Mitarbeiterblogs ist die innere Angst sich mit dem Geschriebenen innerhalb der Firma zu positionieren. Wie allgemein im Arbeitsleben überlegt man es sich mehr als zweimal was und wie man etwas sagt. Die Befürchtung mit dem Geschriebenen jemanden auf die Füße zu treten oder einfach nur dumm dazustehen kann ich zweifelsohne verstehen.
Motivationsfaktor Geld als Lösung und wo sind die Zielvorgaben?
Niemand behauptet, daß Weblogs intern ohne Probleme aufzusetzen sind, ganz besonders, wenn man damit als bloggender Mitarbeiter eine Stimme nach außen hin bekommt, intern aber nach vorgegebenen Leistungs- und Zielvorgaben bezahlt wird, die ganz sicher noch nicht das Thema Weblog im Leistungskatalog beinhalten. Die meisten Angestellten bekommen in den verschiedensten Unternehmen unterhalb einer Führungsposition zumeist ein fixes Gehalt. Das wirkt sich entsprechend aus, wenn neue Aufgaben hinzukommen, ohne daß man mittelfristig eine Chance hat, innerhalb eines Geschäftsjahres finanziell zusätzlich belohnt zu werden. Man empfindet die zusätzlichen Aufgaben eher als Last. Hat man allerdings die Chance, über Boni belohnt zu werden, strengt man sich entsprechend an, die vorgegeben weichen und harten Ziele mindestens zu erreichen. Neue Aufgabenpakete werden als positive Möglichkeit verstanden, setzt man das Instrumentarium der finanziellen Anreize und Zielvorgaben vernünftig ein. Das sind extrinsische Motive, die sich aus monetären Aspekten ableiten. Es gibt nebst dem materiellen Ansatz natürlich auch soziale Anreize, die nach außen hin bezogen sind (gemeinsam eine Aufgabe lösen, sozialen Status erhöhen, besser zu sein als andere, Karriere…) und zu den extrinsischen Motiven dazugehören. Auch diese sind zu betrachten.
Helfen weiche Motivationsfaktoren?
Auf der anderen Seite gibt es intrinsische Motive: Nach nach innen bezogene Motivation, etwas zu erreichen. Intrinsisch motivierte Mitarbeiter schöpfen weniger aus finanziellen und sozialen Aspekten, sondern vielmehr aus ihrem Tatendrang, ihrer Neugier und Wissensgier, sich selbst erweitern zu wollen, sich selbst zu lösende Aufgaben setzen, bei deren Erreichen man innere Befriedigung empfindet. Man empfindet dabei viel eher echtes Interesse und Freude an der Aufgabe als vorwiegend extrinsisch motivierte Mitarbeiter (die schöpfen indirekt Freude, da deren Gleichung „Mehr Geld = Mehr Freiheit und Sozialstatus“ lautet). Wie an der Uni: Manch einer lernt wegen der Klausur, um diese zu bestehen, der Stoff ist ihm egal. Andere lernen, weil sie sich für das Thema begeistern können.
Äussere und Innere Motivation: Was bringt das fürs Weblog?
Ok, und nun? Extrinsisch veranlagte Mitarbeiter werden bei fixem Gehalt viel eher das Risiko sehen, da sie kaum dazugewinnen können, nur den Zeitaufwand und die möglichen Probleme wegen „was haste denn da für nen Scheiss geschrieben… so war das doch auch nicht gedacht, Mensch Meier!“. Und da Weblogs noch so frisch sind, wird es ganz sicher kein Karriereprogramm noch Entlohnungssystem geben, das auch Weblogtätigkeiten beinhaltet. Um extrinsische Mitarbeiter ohne Obermufti-Kommando zum Bloggen zu bewegen. Bei eher intrinsischen Mitarbeitern ist die Problemstellung eher anders gelagert: Warum soll mich das Weblog reizen? Whats in for me? Was ist das Schwierige? Was entdecke ich? Wo komme ich als Person weiter? Man muss hier also eher den zündenden Funken suchen, um diese Mitarbeiter zu catchen. Wenn sie aber einmal Feuer und Flamme sind, dann wird es nicht daran mangeln, daß zu wenig geschrieben wird.
Motivation allein bringt nix, damit ein Weblog läuft
Wie man sieht, nur dieser Teilaspekt alleine zeigt auf, daß es nicht immer nur um die vielgepredigten Blog Policies geht, die natürlich eine wichtige Funktion der Risikominimierung für alle Seiten darstellen („das ist der definierte Bewegungsrahmen, bleib drin und geh nicht drüber, solange biste ziemlich sicher“). Es gibt keine Generallösung, da man nun einmal vor einem halbfertigen Set an Faktoren gegenübersteht. Welche Leine man zieht ist die Kunst des Managements, damit einem nicht der Sack auf den Kopp fällt. Die Praxis scheitert gerne an „banalen“ Problemen: Dem mitarbeitenden Menschen 🙂 „Wir bloggen mal gemeinsam los“ ist halt nicht. Neben der motivatorischen Betrachtung kann man natürlich wunderbar auf alle möglichen, weiteren Aspekte eingehen: Trägt das Management das neue Kommunikationspaket bzw. Paketchen? Sieht man es eher als Spielzeug an? Hat man sich vorher überlegt, was man damit anfangen will? Hat man es bereits zerredet bevor man angefangen hat? Gibt es politische Gegenströmungen? Wie sieht die bisherige Mitarbeiterpolitik aus (Sklavenmanagement oder moderneres Management?), passt nun das Thema Weblogs? Ist der Kunde lediglich die Melkkuh oder möchte man überhaupt angefasst werden? Etc etc etc….
Zauberformel, die alle Probleme löst?
Die Kunst besteht darin, sich in einem Gemenge von Faktoren auf das Wesentliche zu konzentrieren und die wichtigen von den unwichtigen Aspekten zu trennen. Und dann sein Ding zu machen. So blabla sich das anhört, so sieht betriebliche Praxis meistens aus, wenn man sich mit neuen Dingen befasst. Manchmal ist es Trial&Error, manchmal hats Hand und Fuß. Je nachdem, wie geschickt die verantwortlichen Köpfe managen. Das wird auch der Grund sein, warum viele Corporate Blogs schlechte Umsetzungen erfahren werden und andere dafür es umso besser machen.
Und Cyberbloc? Sven drücke ich die Daumen!!!
Ein praktischer Tipp zum Schluss: Such Dir einen Mitarbeiter, der dafür aufgrund seiner Affinität zum Netz bzw. zur Arbeit eher in Frage kommt (möglicherweise ist der/diejenige Admin bzw. Moderator eines Forums zB oder auch sozial außerhalb der Firma engagiert?). Überlege Dir vorher zum Mitarbeiter passende Topics, worüber er/sie schreiben könnte und biete dann an, den Artikel vorher zu checken. Also in einem zweistufigen Modell Blogartikel zu veröffentlichten. Alternativ kannst Du auch den Vorblogger spielen und bei bestimmten Themen Mitarbeiter wegen ihres Know Hows dazuziehen. Quasi Teamblogging im wahrsten Sinne des Wortes. So kann sich der Mitarbeiter hinter Deinem Rücken verstecken und muss nicht alles alleine „leisten“. Das an die Hand nehmen ist zwar etwas aufwändiger und ein langsamer step-by-step Prozess, doch neue Dinge brauchen immer eine gewisse Gewöhnungszeit.
Ich denke, daß gerade bei dem neuen Medium Corporate Blog eine Top-Down-Hierachie zur Etablierung des Blogs bei den Mitarbeitern notwendig ist. Soll heißen: Die Geschäftsführung muß erstmal zeigen, daß sie keine Angst vor dem neuen Medium hat. Erst wenn sie hier Positionen ergreift und sich damit auch unter Umständen angreifbar macht, werden die Mitarbeiter das Medium annehmen. Dazu bedarf es allerdings einer aktiven Geschäftsführung, die den Firmenblog als Chance und nicht als Bedrohung sieht.
Ich kann Melanie Schönberg von Cyberport gut verstehen, wenn sie Sven Kaulfuß schreibt, „Es ist ja schön, dass Du für den Inhalt des Blogs Verantwortung übernimmst, aber letztendlich bin trotzdem ich diejenige, die den Beitrag geschrieben hat und im schlimmsten Fall für doof gehalten wird. Da steht ja immerhin mein Name drüber, nicht wahr.“
Und als Mitarbeiter positioniert man sich auch dann gerade nicht gerne als erster, wenn Unruhe und Zukunftsängste in einem Unternehmen vorherrschen oder die Kultur des Unternehmens eher unkommunikativ ist. Corporate Blog ist eben nicht Corporate Blog. Die Kultur eines Unternehmens ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg des Blogs. Und die Kultur eines Unternehmens ist organisch gewachsen und nicht eben mal von heute auf morgen per Order de Mufti zu ändern. Das muß man schon berücksichtigen, wenn man auf den Zug in Richtung Blogoshäre aufspringt.
Aber wie ich Sven Kaulfuß aus meiner Zeit in Erinnerung habe, wird er mit seiner ganz persönlichen Art den Oliver und die anderen zu überzeugen wissen, daß Ihre Beiträge keineswegs doof sind und sich auch nicht auf das nächste Zielvereinbarungsgespräch mit dem Vorgesetzten auswirkt.:-)
@ Robert: Danke für deine Überlegungen und Ratschläge. Sind jede Menge Ansätze enthalten, denen ich gerne nachgehen werde. Das spannende am Thema „Corporate Blogs“ ist ja, dass wir erst am Anfang einer neuen Kommunikationskultur stehen. Niemand kann im Moment konkret sagen wohin es sich entwickeln wird. Hier gestaltend mitzuwirken macht für mich den großen Reiz aus. Wahrscheinlich muss ich nach und nach versuchen unsere Mitarbeiter mit anzustecken.
@ Jörg: In Deinem Kommentar steckt ein ganzes Stück Wahrheit. Ein Blog muss tatsächlich als Chance erkannt werden, nicht als ein neues Spielzeug um vorschnell ein trendiges Thema zu besetzen. Die öffentliche Fürsprache seitens der Geschäftsführung ist hierfür dringend notwendig, denn eine solche Förderung wird als ein klares Bekenntnis zum neuen Medium verstanden. Ist dies garantiert, kann ein Blog die Firmenkultur auch rückwärtig beeinflussen. Will heißen, die derzeit bestehende Top-Down- Hierarchie, wird ein Stück in Richtung Down-Top bewegt. Die Firma und ihre Geschäftsführung stehen unter öffentlicher Beobachtung, hiermit erwächst eine neue Verantwortung zu einer authentischen Kommunikation, ansonsten können Themen den betreffenden Leuten auch ganz schnell auf die eigenen Füße fallen. Wer braucht schon einen Betriebsrat, wenn man ein funktionierendes Corporate Blog hat 😉
@ Jörg: Wenn die Geschäftsführung von Cyberport Angst vor einem Corporate Blog hätte, würde dieser wohl kaum einen festen Platz auf der Cyberport Home einehmen, wo täglich zehtausende von Kunden landen. Ich denke die Geschäftsführung von Cyberport hat sehr wohl die Chancen eines Corporate Blog erkannt und im Gegensatz zum Saftblog ist der Cyberblog kein Medium, was zu 95 Prozent von den Geschäftsführern getrieben wird, sondern ein echter Mitarbeiterblog!
Natürlich werden derzeit noch die überwiegende Anzahl der Artikel von Sven geschrieben. Dies ist aber keineswegs negativ sonder eher positiv zu sehen. Sven hat bisher die größte Kompetenz beim Thema Blogs und einen immensen Erfahrungsvorsprung gegenüber seinen Kollegen, da er sich auch schon seit Monaten mit Blogs und allem was dazugehört beschäftigt. Von Ihm können alle Cyberporties lernen wie es geht und werden in Zukunft viele, viele interessante Beiträge schreiben;-)