Sonstiges

Walmart und Edelman im Bloggerpitch

tja, dumm gelaufen, NY Times Wal-Mart Enlists Bloggers in P.R. Campaign:

Under assault as never before, Wal-Mart is increasingly looking beyond the mainstream media and working directly with bloggers, feeding them exclusive nuggets of news, suggesting topics for postings and even inviting them to visit its corporate headquarters. But the strategy raises questions about what bloggers, who pride themselves on independence, should disclose to readers. Wal-Mart, the nation’s largest private employer, has been forthright with bloggers about the origins of its communications, and the company and its public relations firm, Edelman, say they do not compensate the bloggers. But some bloggers have posted information from Wal-Mart, at times word for word, without revealing where it came from.

Manson von Edelman versorgt Blogger mit Infos per E-Mail zu Walmart-Meinungen, die diese dummerweise fast 1:1 übernommen haben, um Pro-Stimmung für Walmart zu machen. Das musste dann irgendwann herauskommen, da einige Blogger durch dieses Copy&Pate Verfahren ohne Nennung der Quelle unangenehm aufgefallen sind. Kann man nun Walmart/Edelman einen Vorwurf machen, daß sie nicht besser aufgepasst haben, daß die Blogger eben nicht die PR-Meldungen 1:1 übernehmen? Haben sie es stillschweigend akzeptiert? Das wird man eh nicht erfahren. Doch es zeigt sich gerade an diesem Fall, wie wichtig es für Blogger ist, offen und transparent mitzuteilen, wenn man eine solche lockere Partnerschaft eingeht. Immerhin ist der Fall etwas pikanter, da Walmart seit längerer Zeit durch viele tausend – mittlerweiles sehr effizient organisierte – Kritiker schwer unter Beschuss steht, Mitarbeiter zu denkbar schlechten Konditionen und Arbeitsbedingungen zu beschäftigen. Viele Amerikaner sind stolz auf „ihr“ Unternehmen No.1 (größter Arbeitgeber Amerikas), andere wiederum stehen auf der Seite der Kritiker.

Schauen wir uns mal die Meinungsbilder an:


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Jeff Jarvis, ein alter Medienhase, gibt den Bloggern einen gut gemeinten Rat:

There is no scandal in the Times story. And in fairness, the Times doesn’t directly present it as a scandal. It points out how Edelman is transparent about its activities and even advises bloggers to be open. No, The Times is merely reporting how PR works. Only the object of this PR is the public, not the press. And some of these people, these bloggers, aren’t as slick as reporters in knowing how to deal with this. So my first reponse is to help bloggers with advice: If you write a post inspired by what you get from a company or its PR agent, say so. If you use facts or quotes from a company, politician, PR agent, or press release, say so (better yet, link to it). If you get anything from a PR agent — things, business meetings, social events — say so. Your public has a right to know where your information comes from so they can judge it accordingly.

And then you know what? You will be way ahead of the press.

Bernd Röhtlingshöfer meint:

Na sauber. Das rückt doch die Blogger-Veranstaltung mit David Weinberger in ein anderes Licht. Jetzt, da man die Edelman-Praktiken kennt, fragt man sich: War das ganze Cluetrain-Getue nur ein geschickter Versuch, das Vertrauen der hiesigen Szene zu gewinnen? Und wann kommt der PR-Pitch?

Andreas vom Werbeblogger ist nicht minder not amused und bezieht sich auf ein Interview letzte Woche auf dem Werbeblogger Blog mit dem GF von Edelman, Rick Murray:

We don’t buy Bloggers. Das kann man glauben oder nicht. Im Falle von Rubel möchte man hoffen, dass er seine geistige Unabhängigkeit bewahren wird. Aber was mich wirklich stört an Sätzen wie diesen, ist die Sprache. Das Branding. Die Me2Revolution. Ehrlich gesagt: Für mich ist Me2Revolution keinen Deut origineller, als wenn Herr von Matt über Blogs als Ich-TZs schwadroniert. Mein Alarmsystem sagt mir: Prägnante Formulierungen sind fein, aber pass auf, wenn einer anfängt in Brandnamen zu reden. Me2Revolution – das ist der Punkt, wo ich mich ausklinke. Mag der Gedanke dahinter richtig oder falsch sein. Ich mag die Sprache nicht. Es ist die Sprache, die Brands aufbaut, die Claims absteckt, Pfründe verteilt. Es ist für mich nicht die Sprache des Cluetrain-Manifests. Es ist Old-School, die sich das Schafsmäntelchen übergezogen, aber noch nicht genug Kreide gefressen hat, um mich wirklich zu täuschen. An ihrer Sprache sollst du sie erkennen.

Ungewöhnlich ist die Tatsache in den USA nicht, daß Unternehmen Blogger schon längst in ihre PR Arbeit miteinbeziehen (NY Times):

Companies of all stripes are using blogs to help shape public opinion. Before General Electric announced a major investment in energy-efficient technology last year, company executives first met with major environmental bloggers to build support. Others have reached out to bloggers to promote a product or service, as Microsoft did with its Xbox game system and Cingular Wireless has done in the introduction of a new phone. What is different about Wal-Mart’s approach to blogging is that rather than promoting a product — something it does quite well, given its $300 billion in annual sales — it is trying to improve its battered image.

Dan Gillmor stellt auch fest, daß an der Handlungsweise von Edelman und Walmart an sich nichts großartig negatives festzustellen war, man hätte lediglich etwas genauer die Blogger instruieren sollen:

We should also note that the Wal-Mart PR person objected to the bloggers’ actions. That was responsible on his part. In the future when PR folks are asking bloggers for help, they should always make it clear that an outright quote without citation is a no-no.

Edelman – der gleichnamige Inhaber – äussert sich natürlich auch:

PR firms must be very conscious to abide by some very clear ethical standards, so that we do not compromise bloggers. First, we must always be transparent about the identity of our client and the goal of the PR program. Second, we should ask permission to participate in the conversation, and be comfortable with any communication being made public, whether by the blogger or an investigative journalist. We should support bloggers‘ transperancy re. the source of their information. Third, we must reveal any financial relationship with bloggers, whether consulting or even reimbursement of trip expenses. Fourth, we must ensure that the information we provide is 100% factually correct and not „spin.“

Mein Senf? Kein Senf. Alles ist bereits gesagt worden. PR-Arbeit ist kein Kinderspiel, manchmal fliegt man auf die Nase, manchmal eben nicht. Da muten Djures Worte fast schon prophetisch an im Nachhinein: Doch auch wer auf die Chancen schaut, sollte auf der Hut sein. Kommunikationsfehler passieren nun mal. Wer gut zuhört, wird das aber rechtzeitig bemerken. Die betreffenden Blogger hätten eben nicht so dumm sein dürfen, die Quellen und ihre Beziehung nicht offenzulegen und auf der anderen Seite hätte Edelman/Walmart konsequent darauf achten müssen, daß sich die in dieser Welt unerfahrenen Blogger nicht ihre Finger verbrennen.

Wie war das also nochmals mit Jon Stewart & Steven Colbert in der Daily Show über Blogs:
JON: Now Stephen, like it or not, these bloggers have already gained a certain legitimacy.
STEPHEN: Yes, Jon, and therein lies our [die Medien] only hope. For with legitimacy, the bloggers will gain a seat at the table, and with that comes access, status, money, power. And if we’ve learned anything about the mainstream media, that breeds complacency.
(Selbtsgefälligkeit)

Das Video von Jon und Steven müsst Ihr gesehen haben, einfach nur Kult (Februar 2005, damals gab es einige Grabenkämpfe zwischen der Old Media und den Bloggern):
daily on blogsdaily on blogs

Über den Autor

Robert Basic

Robert Basic ist Namensgeber und Gründer von BASIC thinking und hat die Seite 2009 abgegeben. Von 2004 bis 2009 hat er über 12.000 Artikel hier veröffentlicht.

10 Kommentare

  • Auch wenn es Tausende von Definitionen zu dem was PR ist oder sein sollte gibt, hier meine ‚Leitlinie‘ zu (meiner) PR Arbeit … als Kunde, als Berater, als Auftraggeber:

    1. Medien (ob traditionelle oder neue M.) sind (auch) eine Teilöffentlichkeit und es ist die Aufgabe des PR sich (auch) um diese Teilöffentlichkeit zu kümmern. Wenn PR sich auf das managen von Media Relation reduziert, stimmt etwas Wichtiges nicht. Denn 1. gibt es kein Unternehmen, Organisation, Regierung oder/und … die nur eine Öffentlichkeit / ein Publik hat und 2. verlieren die Medien (und haben verloren) mehr und mehr ihre Kanal-Exklusivität.

    2. Meine – nicht von mir erfunden – Definition von (guter) PR (Arbeit) als einer symmetrischen 2-Way Beziehung mit (relevanten) Öffentlichkeiten, schreit geradezu nach Öffentlichkeit und Transparenz in den Beziehungen sowie der Offenlegung und dem wechselseitigen Verständnis der Prozesse und Ziele der Beteiligten.

    Insofern sind Undercover-Einsätze (auch von Bloggern) immer nur Ausdruck von ’schlechter‘ PR (bzw. von Nicht-PR).

  • […] Wie aber müsste man den Fan einbinden? Wenn man schon auf die Idee kommt – ich gebe zu, sie ist ungewöhnlich – dem Fan die Oberhand im eigenen Weblog zu geben, müsste man ihn dann nicht mit Infos versorgen? Läuft man dann aber nicht Gefahr, daß er diese Infos wie einer Art PR News ins Blog kopiert? So wie Edelmans mE gescheiterter Versuch, Pro-Walmartblogger mit Argumenten zu versorgen? Oder ist der Blogautor in der Lage, sein eigenes Ding zu machen? […]

  • […] Und nachdem das möglicherweise zu einem zweiten (erstes) Desaster im Bereich “Web 2.0″ für US-Edelman werden könnte (manche unken, dass auch das grandios gescheiterte Social Networking-Site Edelman zuzuschieben ist) – zumal auch noch eines der größten Unternehmen Amerikas der Kunde ist, der nicht dafür bekannt ist, ein sehr angenehmer Geschäftspartner zu sein – muss Edelman aufpassen, nicht langfristig seine mühsam erarbeitete Reputation unter den US-Bloggern vollends zu verspielen. Nein, das ist nicht witzig für Edelman, weil das Thema Wal-Mart in den USA äußerst explosiv ist (siehe einfach Wikipedia-Berichte zum Imageproblem von Wal-Mart). Nein, das ist ganz und gar nicht witzig, weil Edelman einen Teil seines PR-Portfolios auf diese neue Welt zugeschnitten hat und nach außen hin den Kunden signalisiert, nicht genügend PS zu haben, um das auch auf die Straße zu bringen. […]