Die aktuellen Fälle des Werbebloggers und Shopbloggers sind in aller Munde. Es handelt sich hierbei um angebliche Fälle von Namensmissbrauch bzw. Verletzung von Markenrechten. Es geht aber auch andersherum: Bisher kennen wir nur die Fälle, in denen Firmen auf Blogs losgehen. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, wann die ersten Blogger sich den Namen ihres Bloglabels schützen lassen werden. So geschehen beim äußerst bekannten Weblog von Udo Vetter, das sich Law blog nennt und dazu die Wortmarke „Law Blog“ mittlerweile eingetragen worden ist (Udos Blog hieß von Anfang an Law Blog, war allerdings damals unter der „udoslive.blogspot.com“ Adresse erreichbar, erst später auf lawblog.de umgezogen). Das ist entspricht nicht mehr meinem Blogverständnis. Denn, es handelt sich dabei mE nicht etwa um einen eigenständigen Begriff, sondern er ist für ich vergleichbar mit Begriffen wie Corporate Blog, Business Blog, IT Blog, Consumer Blog, etc…, die weitläufig bekannt sind und mE keine Eigenständigkeit innehaben, markenrechtlich geschützt zu werden. Man baut hier auf etwas auf, zu dessen Bedeutungshoheit man selbst nur zum geringsten Teil beigetragen hat. Das würde ich gerne aufgreifen. Aber dazu später mehr.
Vorneweg: Es soll Blogleser geben, die der Meinung sind, daß man kritische Auseinandersetzungen stets mit Kritik an der Person verbunden sieht. Das mag so sein, doch ich für meinen Teil versuche soweit es geht, mich unabhängig der Personen mit Themen sachlich auseinanderzusetzen. Insofern ist es – um es klarzumachen – keine Attacke gegen Udo, kein Neidgerammel um ein prominentes und zurecht gut gelesenes Blog noch sonst irgendwelchen below-the-gürtel Quark.
Was ist eine Marke?
Kommen wir also zur Sache:
Laut Wikipedia ist eine Marke:
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Mit dem Anfang 1995 in Kraft getretenen Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichnungen (MarkenG) wird der Begriff der Marke gesetzlich wie folgt definiert: Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren und Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Niemals kann ein Produkt selbst die Marke sein. Was also produktbedingt geformt ist, stellt nicht gleichzeitig die Marke des Produktes dar. „Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden“ ( §3, Abs. I, MarkenG). Hiernach sind alle Zeichen schützbar, denen allgemeine Unterscheidungskraft zukommt. Da Marken für konkrete Klassen (Produktgruppen) eingetragen werden, müssen sie zudem in der jeweiligen Produktgruppe unterscheidungskräftig sein. Nach der Markenverordnung müssen sich Marken zudem graphisch darstellen lassen.
Ich kann das Bedürfnis der Unternehmen völlig nachvollziehen, ihre für teures Geld aufgebauten Marken über das Markenrecht vor Missbrauchschützen zu wollen.
Markenrecht: Schutz im Sinne der Erfinder, aber zunehmender Missbrauch in der Praxis
Das Markenrecht hat aber in der Praxis zu wahrlich exzessiven Anwendungen bzw. Registrierung von Markennamen geführt, wo man sich als Aussenstehender nur noch an den Kopf greifen kann. Bestes Beispiel ist die Problematik rund um das berühmte T und zusätzlich die Magentafarbe (Deutschland lacht über die Telekom). Viele werden wissen, daß die Telekom sich sogar „T-…“-Domains wie T-Wurst gesichert hat. Es geht also hierbei tatsächlich um einen einzigen Buchstaben, dessen weitläufige Ausdehnung seitens der Telekom für Kopfschütteln sorgt! Oder das vorzügliche Beispiel des Falles Princess… Ich liege wohl damit nicht ganz verkehrt, wenn ich von exzessiven Missbrauch der eigentliche Idee des Markenrechts spreche. Um es ganz klar zu sagen, was mein Anliegen ist: Wie kann es angehen, daß man generische Sprachbegriffe und sogar einzelne Buchstaben schützen lassen kann?
Markenrecht als eine Art von „Schutzzoll“
Silke schreibt exakt dazu auf dem KMU-Blog sehr treffend:
Dass das Markenbewusstsein schwindet, liegt sicherlich darin begründet, dass man von Marken immer öfter hört, dass sie die Kennzeichen derer aber nicht die Inhalte verteidigen. So wie dies im Fall Klum geschah, wie dies im Fall O ² abstruse Formen annahm und so wie die Telekom sich mehr um ihr T und die Farbe Magenta sorgt, als um den wichtigsten Stoff im Markenaufbau. Treue Verfechter der Marken bei den Konsumenten und Fans zu gewinnen und mit diesen gemeinsam dafür zu sorgen, dass nur die echte Marke „ egal unter welchem Zeichen und Label „ auf ihren Einkaufzettel kommen und nicht nur auf deren, sondern auch auf den ihrer Freunde und Bekannten. Manche Marken schaffen sich mehr Gegner als Freunde. Manche Marke wird dafür bekannt, dass man die Abmahnung einhellig als Betrug und der unfairen Ausnutzung eines Schutzsystems empfindet. Eine solche pechschwarze Negativmarke ist z.B. Princess.
Markenrecht kann schnell private Webnutzer treffen, nicht nur Firmen
Und wie scharf das Markenrecht ausgelegt werden kann erläutert uns RA Sascha Kremer auf seinem Vertretbar Weblawg:
Sobald aber der Bereich des Markenrechts berührt wird, werden von den rechtlichen Auseinandersetzungen entgegen dem Schutzzweck des Gesetzes angesichts der weiten Auslegung des Begriffs „geschäftlicher Verkehr“? schnell Privatpersonen – sprich: Verbraucher – erfasst, womit verschuldensunabhängig finanziell unter Umständen ruinöse Ansprüche gestellt werden können, weil eine „kostenfreie“? Verwarnung nur moralisch, nicht jedoch rechtlich zwingend ist.
Natürlich bleibt die Blogosphäre davon nicht untangiert: Jeder weiss um die aktuellen Fälle vom Werbeblogger und Shopblogger. Sie sind das Ergebnis der Entwicklung des gesprochenen Markenrechts und der abstrusen Vergabepraxis seitens des Markenamts. Ich beklage nicht etwa die Tatsache, daß Unternehmen Marken schützen müssen, ich beklage die Tatsache, daß man immer häufiger Begriffe aus dem Alltagsgebrauch markenrechtlich schützen will und dann auch tatsächlich registriert.
Beispiel aus der Blogosphäre anhand der Wortmarke „Law Blog“
Greifen wir also an der Stelle das Beispiel des Lawblogger Udo Vetter auf, dessen Wortmarke „Law Blog“ eingetragen worden ist (Widerspruchsfrist läuft noch). Die Diskussion dazu läuft bereits beim Lawblogger selbst. Mir persönlich erscheint diese Wortmarke als Blogger – möglicherweise für Aussenstehende weniger – als generisch (wobei ich mich bei diesem Wort generisch nicht verzetteln möchte, da ich weder Jurist noch Sprachwissenschaftler bin). Generisch insofern, daß mir der Begriff Lawblog bzw. Law Blog analog zum Begriff Blawg in der Blogosphere als allgemeinsprachlich akzeptiert zu sein scheint. Mein subjektiver Eindruck wird mE von Google etwas objetkiviert und bestätigt:
Lawblog kommt in Google ca. 460.000x vor
Blawg wird 1.770.000x gefunden
Law Blog ist mit 2.370.000 Treffern Spitzenreiter!
Vergleicht man das beispielsweise mit den mindestens ebenso geläufigen Begriffen wie „Corporate Blog(ging)“ oder „Business Blog(ging)“, kommen teilweise sogar noch weniger Treffer heraus und da würde wohl niemand allen Ernstes auf die Idee kommen, das als Marke einzutragen. Nicht mal in Deutschland, nur weil das ein englischer Begriff ist.
Das Bloglabel ist weitläufig unterschätzt in seiner Wirkung
Ich betone immer wieder bei meinen Klienten, wie wichtig die Wahl eines guten Bloglabels bzw. Blog-URL ist. Am Beispiel vom PR-Blogger sieht man idealerweise die Konsequenz der geeigneten Namenswahl: Man zitiert und verlinkt idR nicht etwa auf „Klaus Eck hat..“, sondern „…PR-Blogger…“ hat. Die dadurch prominente Position bei Google ist kaum bezahlbar. Völlig d’accord, nix dagegen einzuwenden.
Wer so positioniert ist, braucht er dann noch eine markenrechtliche Schutzmauer? An sich nein, aber gegen eine Registrierung wäre nichts einzuwenden, insofern die Wortmarke eben nicht umgangssprachlich in Gebrauch ist. Nur, weil man englische Wörter wie Blog + [Setze HTML, IT, Auto, … ein] komponieren kann, heisst es mE noch lange nicht, daß man es tun sollte.
Fairer Umgang unmöglich?
Beim Lawblogger Udo Vetter merkt man bereits am Umgang mit seiner Marke, daß er nicht wie viele andere drauf loshaut. Das zeigt der aktuelle Fall mit dem McNeubert lawblog, das in der Subdomain den Markennamen „lawblog„.mcneubert.de trägt wie auch im Bloglabel „MCNeubert lawblog„. Arne Trautmann vom law-blog.de hat sich mit Udo ebenso einigen können. Es ist also möglich, wenn man Good Will zeigt. Doch zahlreiche Unternehmen handhaben das äusserst strikt. Das Prinzip lautet stets, keinen Zentimeter weit die Marke verwässern zu lassen. Kein Wunder: Wer gerne Marlboro verwenden möchte, bittesehr 🙂 Namen wie Coca Cola stellen einen beträchtlichen Firmenwert dar. Nichtsdestotrotz, es handelt sich oftmal um eigene Namen, manchmal leider um allgemeingültige Begriffe. Problematisch sehe ich speziell bei Udo die exponierte Stellung als einer der prominentesten Blogger, da er mehr oder minder die Bühne für eigene, registrierte Blogmarken mit in D vorweggenommenen Begrifflichkeiten vorbereitet hat, die zB in den USA bereits eine hohe Bedeutung genießen. Er ist nicht nur ein Teil der Blogger, die andere dazu animieren, selbst Blogs zu starten. Er gehört auch zu den Personen, die aufzeigen, wie wichtig ein Blog und möglicherweise nunmehr auch eine eigenständige Blogmarke geworden ist. Im Guten wie im Schlechten. Es wird andere geben, die unabhängig von Udo viel rigoroser die Markenrechts-Situation ausnutzen werden, solange das Markenamt jedwede Blog-Komposition durchgehen lässt.
Muss das Markenamt bei Anträgen Webrecherche viel intensiver nutzen?
Die Konsequenz dessen ist, daß Blogger sich sogar wegen Bloglabels streiten und verklagen werden. Statt eigene Wortmarken zu verwenden, die in der Tat originär sind. Und es gibt genügend pfiffige Unternehmer in D, die begriffen haben, wie wichtig das Netz ist. Dazu werden auch Blogs gehören, wenn es sich herumgesprochen hat. Solange das Markenamt angebliche Phantasienamen zulässt, die in der Blogosphere aber längst bekannt sind, wird es vermehrt zu völlig unnötigen Auseinandersetzungen kommen. Ich bin mir ziemlich sicher, daß ich Blognamen wie „PC-Blogger, „IT-Blogger“, „Versicherungblogger“, „Finanz Blog“ etc… komplett durchregistrieren kann. Irrsinn!
Blogzukunft: Rechtstreitigkeiten wegen Markenverletzungen bald an der Tagesordnung?
Nicht nur bloggende Unternehmen werden sich bei der Bloggenerierung (Domainwahl + Bloglabel) bis hin zu jedem einzelnen Artikel gehetzt umschauen müssen, ob man nicht jemanden auf die Füsse tritt, auch private Blogger werden davon betroffen sein.
Wo kann das Problem entstehen?
1. Blog-URL: Enthält diese einen Markennamen?
2. Bloglabel: Ist „Lawblog Robert Basic“ gefährdert oder „Law Blog Basic“ oder „Law-Blog“ oder „Law-Blog-Strafrecht“ oder „Die Lawblog-Kanzlei“?
3. Ist im Sinne vom Sozialgericht Bremen die Artikel-URL „law blog Basic: Fall xyz“ gefährlich, sobald das Ding spätestens wegen guter Verlinkung bei Google unter dem Stichwort „law blog“ No. 1 wird?
4. Ist das ein Problem, wenn ich für eine Kanzlei auf meinem Blog mit dem Textbanner „law bloggende Kanzlei SuperAnwalt“ werbe?
5. Ein Blog verwendet in den Metatags „Lawblog, Law Blog, Blawg, Rechtsanwaltsblog,…“… ist das verboten?
6. In einem Inteview treffe ich eine Aussage „lesen sie mein Lawblog Robert Basic“, wobei mein Bloglabel einfach nur „RA Robert Basic Blog“ lautet… bin ich jetzt dran?
Sobald Blogs ihre Stellung im Netz als wichtige Instrumente errungen haben, wird der Inhaber der Wortmarke mit Argusaugen auf solche wunden Punkte wachen. Ich weiss nicht, ob ich aufkommende Sprachlosigkeit wegen der Rechtsunsicherheit gutheisse, nicht mal als Unternehmer, der längst in der Lage wäre – ähnlich wie damals frühzeitig die zukunftsriechenden Web-URLs registriert wurden -, in Blog-Marken zu investieren, indem man die Ahnungslosigkeit des Markenamts ausnutzt.
Muss man als Corporate Blogger immer eine Marke anmelden?
Meine Empfehlung an alle Unternehmen:
– Wenn schon Marke, dann bitte Firmennamen als Bloglabel
– oder, wenn schon generische Wortwahl beim Bloglabel, dann reicht das bereits, man wird nicht prominenter mit schlechtem Content & Markenregistrierung. Mit guten Inhalten wird die „Marke“ auch ohne Registrierung bekannt und beliebt
– die Domain selbst ist an sich ausreichend genug, vor Nachahmern zu schützen
Weiterer Vorschlag von cabi, den ich sehr interessant finde:
Hier würde mich interessieren ob man Wortmarken nicht unter den Schutz einer Copyleft-Lizenz wie die „Creative Commons“ geben kann. Das wäre ein, meiner Erachtens, praktikabler und sinnvoller Schritt.
Wann aber ist ein Begriff allgemeinsprachlich in der Blogosphäre bekannt?
Selbstverständlich habe ich die Weisheit nicht mit dem Löffel gefressen. Es gibt keine Instanz, die beurteilen kann, wann ein Name generisch erscheint. Ist zB Podcasting ein schützenswerter Begriff? Oder Allgemeingut, obwohl so jung? Muss man unbedingt alles an Wortgebilden registrieren, auch wenn mans könnte? Ich weiss es nicht, ich kann nur von meiner Warte das Ganze beurteilen und die Konsequenzen im Blogbereich abschätzen. Ich finde es persönlich nicht ok, wenn man in der Blogosphere international bzw. national in D bekannte Begriffe verwendet.
Ist das jetzige Markenrecht ein Hemmschuh für soziale und ökonomische Webentwicklungen?
Und Tim-Berners Lee hat die Wortmarke HMTL geschützt? Warum nicht? Er tritt für etwas ein, was mehr als nur dem kurzfristigen Unternehmendenken entspricht und dennoch den Unternehmen komischerweise sehr gutgetan hat. Ich möchte keine Verhältnisse wie in den USA, wo sich Unternehmen mit Patenten regelrecht bekriegen. Nicht umsonst treten EU-weit zahlreiche User gegen Softwarepatente like USA ein. Patenrecht und Markenrecht liegen nicht sehr weit auseinander, betrachtet man diese Exzesse. Sie verhindern soziale und ökonomische Entwicklungen ungemein, wie alles, das man übertreibt!
Manche sind gleicher als gleich?
Abschließend lasse ich es mit den Worten von Sascha Kremer enden:
Eine angemessene rechtliche Verteidigung beschränkt sich mangels finanzieller Mittel und den mit einem Rechtsstreit verbundenen psychischen Belastungen selbst bei hinreichenden Erfolgsaussichten in der Sache in diesen Fällen häufig nur auf die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und den Versuch, die Kosten für den Betroffenen so gering wie möglich zu halten. Und das nur, weil Richter glauben, jede Internetauktion, jede auf Dauer betriebene Internetseite begründe ein Handeln im geschäftlichen Verkehr. Das ist absurd und bedarf dringend der Korrektur. Wenn nicht durch die Rechtsprechung, dann durch den Gesetzgeber.