Sonstiges

Welche der DAX-Unternehmen bloggen

Capital nennt sie: Allianz, BMW, DaimlerChrysler, SAP und Siemens zählen laut Capital-Umfrage zu den Weblog-Pionieren unter den Konzernen. Adidas, BASF, Deutsche Post, Deutsche Telekom und VW prüfen den Einsatz.

  • Allianz? Damit meinen die den internen Einsatz von einigen wenigen Blogs als Kollaborationstools für einige Investment Banking Teams bei der Dresdner Kleinwort Wasserstein.
  • BMW? Das „IAA-Blog“ (was aber offiziell mehr oder minder unter der Flagge „wenn sie gefangen genommen werden, kennen wir sie nicht“ lief, um es etwas plastisch auszudrücken, da man kein Risiko fahren wollte, insofern findet sich kein BMW Logo auf dem Blog. Dennoch, es war ein Meilenstein, daß ein Konzern in einer milliardenschweren Branche wie BMW überhaupt den ersten Schritt auf dem Heimatmarkt gewagt hat. Wer Autokonzerne kennt, kann sich denken, daß die anderen mit darauf geschielt hatten. Und da es zu keinen Verhaftungen kam, bin ich sicher, daß wir bald mehr solcher Autoblogs sehen werden, zumindestens hat das IAA Blog keinen Grund geliefert, die Finger davon zu lassen. Zumal Audi schon längst in den USA Tools wie Blogs und Wikis für seine Kampagnen nutzt 😉
  • DaimlerChrysler? Meines Wissens setzt das Unternehmen Blogs intern ein. Einige MA beschäftigen sich am Rande mit diesem Thema etwas intensiver und zZt ist eine Diplomandin der Daimler-Schule am werkeln, etwas über Blogs zusammenzustellen.
  • SAP? Das sind die sogenannten Executives Blogs… ziemlich klinisch sauber, kaum ein Vergleich zu Jonathan Schwartz, Ed Brill oder anderen Manager-Blogs.
  • Siemens? Nebst dem Chef bloggt man experimentell inhouse.


Interessant ist aber, daß es angeblich nur 10 Unternehmen sein sollen, die bereits Blogs nutzen oder nutzen wollen. Ich kenne darüber hinaus noch mindestens zwei Großbanken, zwei Autokonzerne und einen Pharmakonzern, die Blogs intern testen bzw. schwer am überlegen sind, zum wo-wie-wann-wo.

Hürden
Insgesamt muss man die Schwierigkeiten betrachten, die sich einem Großkonzern in den Weg stellen, ganz im Gegensatz zu den beneidenswert freien und schnellen Kleinunternehmen:
– Die verantwortliche Person der Ebene 2-X muss stets seinen bisherigen Verantwortungsbereich, sein Fixum, seine Boni und die politische Wetterlage berücksichtigen, bevor sie initiativ ein so neues und selbstverständlich sehr riskantes Thema wie Weblogs verfolgt. Riskant? Der größte Feind befindet sich im Unternehmen: Kollegen, die gerne weiter nach oben wollen, Gleichgestellte anderer Geschäftsbereiche bzw. Abteilungen aus dem gleichen Bereich, Vorstände der konkurrierenden Geschäftsbereiche, die jeden noch so winzigen Fehltritt der Mitarbeiter des anderen Vorstands nutzen, um politische Munition subtil oder direkt zu verfeuern. Blogs sind also kein Thema für risikoscheue Verantwortliche noch für diejenigen, die ihre Pfründe sichern sollten. Ich möchte das nicht als Vorwurf missverstanden sehen: Wer zB 200.000 Euro Jahresgehalt + eine dicke Prämie iHv 250.000 Euro einkassiert (Bruttoeinkommen 450.000 Euro), wird den Teufel tun und sich nicht absichern. Kann er sich nicht absichern, wird er keinen Schritt tun, sein gutes Leben aufs Spiel zu setzen. Das ist die Egosicht, aber hey, Unternehmen bestehen aus Mitarbeitern, die entscheiden, nicht das Unternehmen per se. Einer muss sich der Sache annehmen, einer hält auch immer der Kopf hin. Also wozu den Kopf in eine weitere Schlinge legen?
– Das DAX-Unternehmen setzt sich einem nicht unerheblichen Handling-Risiko aus, wenn es Blogs, wie wir sie gewohnt sind, im Internet veröffentlicht: Offene Kommentare verführen zum herumtrollen, Trackbacks zu Referrerspam, freundliche Kunden, die meinen, rumätzen zu können, weil ihnen vor 30 Jahren der linke Spiegel vom Opel Admiral abgefallen ist, zu viele Kommentare, um den Eindruck vermitteln zu können, daß man ernsthaft an einem Dialog interessiert ist, etc etc etc
– Bloggende Mitarbeiter? Im Internet? Im Intranet? OK, es heisst immer, daß man seinen Mitarbeitern eh vertrauen muss, da sie sämtliche Kanäle nutzen können, um sich zu verplappern oder Stakeholdern auf die Füsse zu treten. Das Dumme am Blog ist nur, daß es einige mehr mitbekommen und wenns ganz dumm kommt, der Mist auch noch blitzartig weitergetragen wird. In einem Kundenmeeting kann man die Dinge in einem begrenzten Personenkreis noch geradebiegen, für ein Mail kann man sich unter vier Augen entschuldigen… auf einem Weblog hast Du als MA den gesamten Mist am Hals und nicht einmal der Vorstandsassistent wird sich die Finger an Dir schmutzig machen wollen.

Wird es überhaupt DAX-Blogs geben?
Gut, gut, das war jetzt aber ein drastisches Bild der Realität in Großunternehmen. Es geht um Macht, Geld und Frauen… alte Leier…ich weiss, ich weiss, nur, sie ist ein Teil der Realität. und es geht manchmal um viel mehr Geld und viel mehr Macht, als dass man solche Faktoren aussen vor lassen sollte, wie Entscheidungen inhouse zu Stande kommen. Aber dennoch: Je nachdem, wie gut man sich durch diese Fahrwasser bewegen kann, wie gut man vernetzt ist und welche Drähte man spinnen kann, wird es Konzernmitarbeiter geben, die viel eher in der Lage sind, vernünftige Blogs (oderüberhaupt) auf den Weg bringen, damit am Ende Capital sagen kann: „Ja, es gibt X Unternehmen, die Y Blogs in Z Bereichen einsetzen“. Diese trockene Aussage ist aber das Resultat eines mitunter sehr spannenden Weges.

Warum die DAX-Unternehmen Blogs einsetzen sollten? Diese Geschichte sollen die Unternehmen schön selbst erzählen. Ich bin auf gespannt auf 2006 🙂

Über den Autor

Robert Basic

Robert Basic ist Namensgeber und Gründer von BASIC thinking und hat die Seite 2009 abgegeben. Von 2004 bis 2009 hat er über 12.000 Artikel hier veröffentlicht.