Schade das die Diskussionskultur in der Blogsphäre sich immer noch auf Steinzeitniveau bewegt. Persönliche Präferenzen und Kontakte sind wichtiger als Sachliche Argumente. Bashing ist Sport und grundsätzlich dagegen sein, ohnehin total In.
Web2.0, das sozialisierte Internetz, du kannst kommen. Aber erst, wenn auch User2.0 erfunden wurde. Ansonsten wird der Schuss schwer nach hinten losgehen. Denn alles was neu erfunden wird, wird als erstes mal nach persönlichen Vorlieben und Sympathien zum Erfinder abgeklopft. Dann wird Kontra-Position bezogen, die ganze Geschichte gemeinschaftlich nieder gemacht und am Ende noch ein wenig rumgejammert warum alles so Mist ist.
Provokativ:
Ich bin mir immer noch nicht sicher über die deutsche Blogosphäre, aber auffallen tut es schon, daß – oh Gott, wie doof dieses Schubladendenken eigentlich ist – es häufig zu beobachten ist: Statt Positives rauszupicken (ohne gleich alles schönreden zu müssen) wird konstant just das Negative herausgepickt. Entspricht diese Fehlerkultur der Erziehung in den Firmen, wo das leider Alltagsgeschäft ist? Oder verfälscht lediglich ein Teil der Blogosphäre diesen Gesamteindruck, weil die lautesten Schreihälse das Grós der Blogosphäre überschallen? Kann sein, denn im Gegensatz zu den amerikanischen Topblogs sind zahlreiche Topblogs in D bekannt für ihre Kritikfähigkeit. Und vieles definiert sich über die Topblogs, auch die mediale Wahrnehmung von außen. Das verstärkt nur noch den negativen Eindruck. Verwundert es aber nicht, daß einer der „hidden champions“ und anerkanntesten Blogger Markus Breuer ist (eigentlich war, da er nicht mehr bloggt), der sich durch seine ausgleichenden Artikel ausgezeichnet hat? Oder Jim Basman, der ebenfalls auf seinem Blog zwar durchaus kritisch sein konnte, man aber nie das Gefühl hatte, daß er komplett ins einseitig Negative abrutscht? Oder Volker Weber, der oW Knackpunkte anspricht, aber auch da hat man nie das Gefühl „er will andere fertigmachen“. Diese Blogs gehören/gehörten nie zu den Topblogs in D, dennoch haben sie mehr Einfluss auf die Blogosphäre als man denkt, schätze ich mal. In ihrer Art und Weise, wie sie eben bloggen. Und sie sind stellvertretend für die absolute Mehrheit der Blogger. Nur nimmt man diese Blogs leider zu wenig wahr, wie auch? Wie schon soeben angedeutet, richtet sich das verstärkende Organ der Blogosphäre – die Medien – an den höchsten, tollsten, lautesten, bekanntesten Blogs aus. Kein Wunder also, was da unter dem Strich herüberkommt.
Welche Auswirkungen hat dieser Eindruck? Ich merke in vielen Gesprächen mit Interessierten – nein, nicht immer nur Geschäftskunden -, wie sehr davor zurückgeschreckt wird, den Zeh ins kalte Blogwasser zu strecken. Natürlich halten sich just die Geschäftskunden noch viel mehr zurück, weil sie schlichtweg keine Lust auf das Genöle haben. Und es wird bei den Bloggern am deutlichsten, die sich nicht mal mehr trauen, sich öffentlich Gedanken zu machen, ob man nicht doch mit Blogs sein Haushaltseinkommen aufbessern könnte? Nach dem Motto „ieh, Geld verdienen ist böse“. Das Blogimage in D ist mE versaut, um es ruhig überspitzt auszudrücken!
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Wie ich das halte? Ich lebe herrlich ungeniert, mache mir persönlich wenig Kopp um diejenigen, die mich hin und wieder kritisieren. Nein, das ist kein Trotzverhalten. Ich ignoriere bestimmte Nöler-Blogs zwar nicht, den Kritik ist aufschlußreich, doch beeinflussen sie mich nicht mehr in meiner Haltung und Rücksichtnahme. Ich stehe zu dem, was ich tue, wie ich es tue und was ich sage. Logo, man kann nicht erwarten, daß Friede, Freude, Eierkuchen herrscht. Dazu sind die Blogger viel zu unterschiedlich.
Der eigentliche Grund für meine sehr positive Haltung gegenüber Blogs? Die Blogosphäre – nicht im Sinne einer Gemeinschaft – besteht aus viel mehr Markus Breuern als man denkt. Man muss nur genauer hinhören und das Geschreie des kleinsten Teils der Blogosphäre herausfiltern. Die deutsche Blogosphäre ist wesentlich freundlicher als man zunächst annehmen würde. Und von meinem Gefühl her gehe ich davon aus, daß über 90% alle Blogger nix drauf geben, was andere Blogger über bestimmte Themen sagen, wie andere Blogs definieren etc. Sie definieren sich nicht durch Dritte, sie definieren ihr Blog für sich selbst. Solange sie nicht ins Kreuzfeuer geraten, klappt das auch mit dem beschaulichen Bloggerleben. Doch die Eigenheit von uns ist, da nehme ich mich nicht aus, daß wir anderen ungerne ihren Lebensstil zulassen, man mischt sich eben ein. Dann ist es schnell vorbei mit dem beschaulichen Bloggerleben. Und wohl nur wenige haben Selbstbewußtsein genug, auf die exaltierten Meinungen einen Pfifferling zu geben. Man kann noch so sehr ein Bloguser 2.0 sein, man wird schnell zum Bloguser 1.0 gemacht, spätestens dann, wenn man sich hochblogged, weil das Blog eigentlich gut ankommt.
Beispiel? Würde in D ein Darren Rowse (bekannt als Problogger) eine Überlebenschance haben? Könnte ein deutscher Darren sich innerhalb seiner Peergoup mit anderen austauschen, wie man Blogs über Werbeeinnahmen monetarisieren kann? Es müsste wohl jemand sein, der/die ein verdammt hohes Selbstbewußtsein hat und nicht so sehr auf die Meinungen Dritter schielt. Dennoch wird es schwer haben, sich in Ruhe mit Gleichgesinnten auszutauschen. Und übertreibe ich, wenn ich sage, daß sich Topblogs ihrer guten Position durchaus bewußt sind, die in Zukunft dazu führen kann, daß man mehr als nur ein paar Kröten mit Blogs verdienen kann? Etwas Schielen nach USA läßt einen auf überlebensfähige Einnahmehöhen hoffen. D ist ja kein kleines Internetland. Behauptungen, daß Web-USA viel größer ist, ist an der Realtität vorbei. Es ist nicht unmöglich, daß ein deutsches Blog möglicherweise sogar die Trafficzahlen von Heise.de überholt. Kann es demgmäß sein, daß Topblogs unbewußt/bewußt ihre Ellbogen ausfahren und hochpoppende Konkurrenz plattreden? Verschwörung? Blödsinn? Übertreibung? Ja und nein. Es ist von allem etwas dabei schätze ich mal. Nennen wir es Neidblogging. Kann man sogar soweit gehen und sagen, daß die Übertragung des gesellschaftlichen „ich gönne dem anderen nix“ sich auch auf die deutsche Blogosphäre auswirkt? Niemand redet offen darüber, doch mE ist es schon lange kein Geheinis mehr, daß die Hoffnungen über das Wachstum der deutschen Blogosphäre vermehrt zum Neidblogging führen werden?
Erschlagt mich, wenn das alles an den Haaren herbeigezogen ist, aber ich müßte verdammt weit daneben liegen, wenn der Bloguser 2.0 tatsächlich etwas auf sich warten lassen wird. Klar werde ich mir damit wenig Freunde machen, aber so what, Kritiker von Kritikern sind halt unbeliebt 🙂
Provokativ aus:
Letztlich ist das aber alles nur eine Sache der Wahrnehmung, denn wenn man die Menschen hinter den Blogs betrachtet, stellt man auf einmal fest, daß alles nur halb so heiss gegessen wird, wie es gekocht wird. Es sind lauter Normalos, manche lassen es auf Blogs krachen, manche eben nicht. Würde mich also nicht zu sehr von der vermeintlich überkritischen Blogosphäre abschrecken lassen.