am 12.10. bin ich in Berlin und halte auf dem VDEW-Kommunikationstag 2005 (Motto: Strom und PR – Kommunikation im gesellschaftspolitischen Wandel) einen Vortrag über Weblogs.
Mehr als 15 Minuten habe ich nicht, um den Teilnehmern etwas über Weblogs zu erzählen. Das ist knapp. Was kann man also in dieser kurzen Zeit herüber bringen, so daß man mehr als nur schnöde Zahlen, Beispiele und Definitionen vermittelt, einen bleibenden Eindruck über Weblogs? Das sexy Gefühl beim Bloggen? Die Kultur des Bloggens? Die Funktionsweisen? Den Spaß? Den Nutzen? Die Risiken? Die Stories? Ich gehe davon aus, daß ein Großteil der Teilnehmer noch nie etwas über Blogs gehört hat. Insofern besteht da kein allgemeines Verständnis, sondern man fängt von Null an. Und ich kenne keinen, der in 15 Minuten ein stimmiges Bild über das Blog per se und die Blogosphäre mit all ihren Varianten, Services etcpp. für sich entwickeln hat. Meistens dauert es Tage und Wochen, bis man langsam in das Thema hineingewachsen ist.
Also was tun? Habe hin- und her konzipiert, von klassischen Vortragsmustern (Folien Vorleserei) bis hin zu erzählerischer Vermittlung an Hand plastischer Beispiele. Habe aber alles wieder verworfen. Denn bei keinem dieser Entwürfe hatte ich das Gefühl, ein einprägendes Bild der Blogosphäre vermitteln zu können.
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Gestern habe ich dann mit Silke telefoniert, die prima Ideen auf Lager hat und im Gesprächsverlauf hat Silke eine simple Möglichkeit gezeichnet, die mE die Funktionsweise der Blogosphäre gut vermittelt. Ich muß jetzt lediglich das „Spiel“ so feintunen, daß man die Botschaften gut verpackt rüberbringen kann.
Grob umschrieben werde ich das als zentralen Ansatz nutzen:
– Ich werde sagen wir mal 180 Zettel nehmen (genaue Anzahl werde ich noch abstimmen)
– Alle Zettel bekommen eine Nummer (1-5) und eine andere Farbe (rot, blau, grün, gelb, orange)
– Es gibt 100 rote, 20 blaue, 20 grüne, 20 orangene Zettel und 20 gelbe Zettel.
– Dann packe ich die Zettel in Umschläge. Der erste, knallrote Umschlag wird 100 Zettel enthalten, Farbe rot. In vier weitere Umschläge kommen 15 Zettel rein, mit jeweils nur einer Farbe. Und in weitere vier Umschläge kommen á 5 Zettel rein, ebenfalls mit nur einer Farbe. So sind alle 180 Zettel auf neun Umschläge aufgeteilt worden.
– Diese Umschläge werden zufällig an neun räumlich auseinander sitzende Personen im Raum ausgeteilt
– Die Person mit dem roten Umschlag bitte ich , so viele Zettel wie nur möglich aktiv zu verteilen (entweder selbst oder durch Weitergabe über Sitznachbarn)
– Die Personen mit den anderen, acht Umschlägen bitte ich, die Zettel nicht aktiv zu verteilen. Sondern? Die Sitznachbarn sollen sich selbst einen, mehrere Zettel oder keinen Zetteln nehmen. Nimmt er mehrere Zettel, soll er diese weiter verteilen. Per Beamer werde ich dazu alle Teilnehmer ohne Umschlag bitten, sich vorher selbst einer Gruppe zuzordnen: „Ich verteile keinen Zettel“, „Ich nehme nur einen Zettel“, „Ich verteile so viele Zettel wie nur möglich“. Ausnahme? Keine! Auch die Annahme der aktiv zu verteilenden, roten Zettel kann verweigert werden.
– auf mein Signal hin, sind die Umschläge zu öffnen und die Zettelwirtschaft geht los
– Spieldauer: Ich schwanke noch zwischen 30 – 60 Sekunden
– Nach Ablauf der 30/60 Sekunden bitte ich die Teilnehmer, jeweils ihre Zettel hoch zu halten.
Um was geht es dabei? Was soll dieses haptische Spielchen verdeutlichen? Vereinfacht gesagt – denn die Zettelgeschichte ist ein einfaches Spiel – die rudimentäre Funktionsweise der Blogosphäre. Eines der bezeichnendsten Dinge der Blogosphäre ist die Kommunikativität und Vernetzung, eines Blogs und zwischen den Blogs. Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um abgeschottete Blogs handelt (meist für Family/Friends) oder bekannte Blogs, die stark verlinkt sind. Blogs sind Netzpunkte – manche sagen auch dazu „Social Places“ – auf dem sich Personen treffen (lesen und/oder kommentieren) und ein Teil der dort vermittelten Gespräche/Infos/Eindrücke… wird auf anderen Blogs weiter getragen (Links: „via“, „Trackback“, „Technorati Link Cosmos“, …). Manche dieser Blogs – idR die A-Blogs – stehen dabei besonders im Fokus der Medien. Und mitunter passiert es, daß Informationen aus den A-Blogs in die Medien überspringen. Die sehr persönliche Vernetzung von Bloglesern und Bloggern und darüber dem Weitertragen jeglicher Art von Informationen bis hin zu Memes – in Blogs, in Mails, in Foren, in die Cafeteria, etcpp – kann man durchaus als eines der markantesten Errungenschaften betrachten, die mit Blogs einhergehen. Wären Weblogs nur einfach zu bedienen, es gäbe aber keine Vernetzungsmechanismen, dann würden Weblogs heute noch als gottverlassene Inseln vor sich hindümpeln und sich nicht in der Nutzungsvielfalt verbreitet haben. Welche Nachrichten sich aber wie verbreiten oder überhaupt, kann man nicht vorhersagen. Das kann ich bei dem Spiel auch nicht vorhersagen.