Silke B. hat ein Problem mit Vodafone. Der Telko-Konzern schafft es seit Wochen einfach nicht, einen Telefonanschluss zu schalten. Auf Nachfragen folgen Vertröstungen und neue Termine. Diese werden nicht eingehalten, bewirken damit wachsenden Ärger bei Frau B. und erregte Beschwerden, woraufhin wiederum Vertröstungen mit neuen Terminen erfolgen, die ebenfalls ergebnislos verstreichen und immer so weiter…ja, kennt man. Vodafone sagt, die Telekom sei schuld, gäbe die Leitungen nicht frei. Der eine schiebt es auf den anderen.
Eine solche Geschichte kann wahrscheinlich nahezu jeder Inhaber eines Telefon- oder Internetanschlusses in Deutschland erzählen. Anbieter beliebig einsetzbar. Ich persönlich beispielsweise hatte derartige Probleme vor Jahren mit Arcor, heute zufällig auch ein Teil von Vodafone. Ich kann die Stimmung von Frau B. daher wirklich nachvollziehen. Schlimm. Unverschämt. Kundenunfreundlich. Service-Wüste Deutschland.
Gut, dass solchen Unternehmen von Journalisten regelmäßig auf die Finger geklopft wird. Druck aufbauen – Öffentlichkeit herstellen. Anders geht es manchmal nicht. Denn wenn das mühsam in netten Werbefilmchen aufgebaute Image droht, vollends den Bach runterzugehen, bewegen sich Konzerne plötzlich im Eiltempo. Oft erst dann nehmen sie ihre Kunden auch wirklich als Kunden wahr und nicht bloß als RGU – Revenue Generating Unit. Wer weitere Fragen dazu hat, wende sich doch bitte an Deutsche Bahn, 1&1 oder meinetwegen die Telekom.
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Umso besser also, dass auch Silke B. das Glück hat, ihrem Ärger lautstark Luft machen zu können. Silke B. heißt nämlich Burmester und schreibt Kolumnen, unter anderem in der „taz“ und auf „Spiegel Online“. In ihrer jüngsten SpOn-Folge kombiniert Frau Burmester dann gleich auch das Angenehme mit dem Nützlichen und holt in einer Art offenem Brief an Vodafone die „Jetzt-sage-ich-allen-was-für-ein-Sauladen-das-ist“-Keule heraus. Das Ganze ist durchaus sympathisch geschrieben und mit reichlich Polemik garniert – die Zustimmung der von Inkompetenz und Impertinenz geknechteten Kundschaft deutscher Telko-Dienstleister ist ihr sicher. Fishing for Shitstorms.
Doch Moment, man darf sich trotzdem wundern und das nicht zu knapp. Hier geht es schließlich nicht um einen abgeschlossenen Vorgang – der Anschluss ist ja noch nicht geschaltet. Vielmehr soll dem ein wenig nachgeholfen werden. Und zwar in eigener Sache. Was eignet sich da besser, als die wöchentliche Kolumne bei einem der größten deutschen Nachrichtenportale – inklusive empörter Leser als Claqueure.
Frau Burmester hatte dabei vermutlich etwas im Sinn, das Call-Center-Mitarbeiter tagtäglich in ähnlicher Form zu hören bekommen: „Damit gehe ich an die Öffentlichkeit und dann wollen wir doch mal sehen“. Das ist grundsätzlich nachvollziehbar – und bleibt ebenso fragwürdig. Denn was trotz aller berechtigten Kritik am Kunden-Service deutscher Telko-Unternehmen vor allem bleibt, ist eine Journalistin, die ihre privilegierte Position erstaunlich ungeniert zum persönlichen Vorteil ausnutzt – ich wette, Vodafone schaltet den Anschluss nun innerhalb weniger Tage (unter Mithilfe der Telekom) frei. Gratulation schon einmal im Voraus, Frau Burmester. Ich freue mich wirklich für Sie.
Der deutsche Durchschnittskunde hingegen hat leider keine Möglichkeit, „Spiegel Online“ als Sprachrohr zu instrumentalisieren. Auch hat er wenig davon, wenn Silke Burmester wieder telefonieren kann. Er darf sich weiter mit schlechter Warteschleifen-Musik, ignoranten Hotline-Mitarbeitern und abwesenden Technikern herumschlagen. Ganz im Stillen für sich. Und er ist schon gar nicht in der komfortablen Lage, privaten Ärger quasi nebenbei auch noch beruflich gewinnbringend auszuweiden – hier immerhin gleich drei Fliegen mit einer Klappe: Telefonanschluss inklusive Entschuldigung und womöglich Gutschrift da. SpOn-Honorar für den abgelieferten Text da. Zustimmung und warme Worte der mitleidenden Leserschaft da. Perfekt. Bei Politikern würde man bei einer derartigen Verquickung privater und beruflicher Umstände aber zurecht von einem Geschmäckle sprechen. Oder wie war das noch gleich mit dem Sonderzins-Kredit für Christian Wulff?!
Frei nach ihrem eigenen Schlussappell möchte ich Sie, Frau Burmester, daher um einen Gefallen bitten: Zeigen Sie, dass Sie ihre Leser wertschätzen. Machen Sie deutlich, dass sie ohne Leser nichts sind. Werden sie aktiv! Beweisen Sie, dass Sie es verdient haben, den Titel „unabhängige Journalistin“ zu tragen! Nutzen Sie ihre Stellung nicht für persönliche Belange aus. Selbst, wenn es unterhaltsam geschrieben ist.
(Bild: Rainer Sturm / pixelio.de)