Am Mittwoch erklärt Sascha Lobo noch in der Sendung Elektrischer Reporter, was ein Shitstorm ist, während zur gleichen Zeit ein eben solcher in Richtung RTL aufzieht. Der Privatsender berichtete am 19. August im Format Explosiv über die Gamescom in Köln und ließ sich in dem rund fünfminütigen Beitrag mehrfach zu Äußerungen über Computerspieler hinreißen, die der Schublade ganz weit unten entnommen wurden. Dort wären sie besser liegen geblieben, die Sprüche über sozialinkompetente Gamer mit Körpergeruch und ohne Freundin. Das fanden viele Zuschauer alles andere als witzig.
Auch die Redaktion von GIGA nicht, die eine Parodie abdrehte. Die Reaktion blieb nicht die einzige. Tausende sind empört und beschweren sich. Jetzt prüft die Niedersächsische Landesmedienanstalt den RTL-Beitrag. Update: Die Prüfung hat ergeben, dass der Bericht nicht gegen das Medienrecht verstößt.
Wer den RTL-Bericht noch nicht gesehen hat, kann ihn hier anschauen und sich selbst ein Bild von den Witzchen über das, wie der Sender sagt, „besondere Publikum“ der Messe machen. Und auch von der GIGA-Version des Beitrags, die bei YouTube bereits gelöscht wurde.
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Viele Zuschauer machten ihrem Ärger bereits Luft und wandten sich an Programmbeschwerde.de. Als wir gestern versuchten, die Seite aufzurufen, war der Ansturm offensichtlich zu groß: nicht erreichbar. Wie die Beschwerdestelle der Landesmedienanstalten auf der Website mitteilt, waren bis gestern 9 Uhr mehr als 6.800 Beschwerden eingegangen. Zuständig für eine Prüfung des RTL-Beitrags ist die Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM), die sich der Sache nun annimmt. „Die NLM prüft jetzt, ob ein Anfangsverdacht auf Verstoß gegen medienrechtliche Bestimmungen vorliegt.“, heißt es auf der Website.
Die Gamescom Köln hat ebenfalls reagiert und schreibt auf ihrer Facebook-Seite: „Liebe Fans, der Beitrag der RTL „Explosiv“-Redaktion ist sicherlich grenzwertig und wir verstehen jeden, der sich davon „beleidigt“ fühlt. Wir prüfen, ob dabei medienrechtlich Grenzen übertreten wurden.“
Aber nicht nur RTL als Sender allgemein, sondern auch den zuständigen Explosiv-Redakteur persönlich erwischte die Empörungswelle, nachdem er mit Einträgen bei Facebook offenbar Anreiz für weiteren Protest gab. Mittlerweile ist das Profil nicht mehr für jeden einsehbar, auch das Xing-Profil ist nicht mehr zu erreichen. Gelöscht wurde auch das Facebook-Profil der Messe-Hostess aus dem Explosiv-Beitrag, die nach der Ausstrahlung den Spott auf sich zog.
RTL hat sich bereits entschuldigt; am Donnerstag nahm der Sender Stellung: „Die Verallgemeinerung und Überzeichnung des Beitrags war ein Fehler. Wenn wir damit Gefühle verletzt haben sollten, entschuldigen wir uns ausdrücklich dafür. Der bei Facebook privat gepostete Kommentar des RTL-Redakteurs war ausschließlich dessen private Meinung und in keinster Weise die von RTL.“
Schlussendlich hat (es) sich RTL verscherzt. Doch trotz Entschuldigung haben sich die Gemüter noch nicht beruhigt, in Videos und Postings rufen Leute zu Demonstrationen, Flashmobs und Aktionen gegen RTL auf, Facebook-Gruppen haben sich selbstredend auch schon gebildet. Wie die Süddeutsche berichtet, gab es bereits einen Hacker-Angriff auf die RTL-Website. Bei YouTube ist zudem ein angebliches Anonymous-Video zu finden, in dem zum RTL-Boykott aufgerufen wird. Ob es sich dabei tatsächlich um eine Aktion der Gruppe oder um Trittbrettfahrer handelt, ist unklar.
Mit einer unsachlichen Hetzjagd gegen den Sender oder einzelne Personen aus dem Beitrag ist jedoch auch niemandem geholfen. Weitere Programmbeschwerden haben auch keinerlei Einfluss auf die Beurteilung des Beitrags, wie die Medienanstalten klarstellen. Es wird Zeit, dass der Shitstorm vorüberzieht.
Update von 14:11 Uhr: Kein Verstoß gegen das Medienrecht
Wie ich gerade gesehen habe, ist die Prüfung schon durch. Die NLM ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der RTL-Beitrag nicht gegen die Bestimmungen des Runkfunkstaatsvertrages verstößt. Der NLM-Direktor Andreas Fischer erklärt dazu: „Der Beitrag ist durch seine unverblümte Tendenz sicher ärgerlich, aber keinesfalls rechtswidrig. In einer freiheitlichen Medienordnung können und müssen derartige Berichte toleriert werden. Ich hoffe sehr, dass die Gamer-Szene, die ja selbst für Freiheitsrechte eintritt, dies am Ende akzeptieren kann.“
(Saskia Brintrup)