Es ist nun einmal die politische Entscheidung eines jeden Entwicklerunternehmens, die User während langer Wartezeiten nicht mit leicht bekleideten Pinup-Tänzerinnen bei der Stange zu halten – sondern mit Wartebalken. Seit den Anfängen der grafischen Benutzeroberfläche bekommen wir bei jeder Installation, bei jedem Download, bei jedem Öffnen größerer Programme immer wieder das Ding vorgesetzt. Dort, wo er nicht hinpasst, bekommen wir stattdessen einen wild rotierenden Cursor geboten.
Dass diese Form der dargestellten Bewegung bei der Überwindung zum Warten irgendeine Rolle spielen muss, haben wir uns sicherlich schon alle gedacht – doch nun hat sich das erste Mal jemand wirklich wissenschaftlich der Sache angenommen. Chris Harrison ist Student an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh und hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Wesen des Ladebalkens systematisch zu erforschen – und wenn möglich, Besserungen aufzuzeigen.
Sein Versuchaufbau beinhaltete zwei Szenarien: Im ersten wurden mehrere pulsierende Ladebalken miteinander verglichen – mal war die Frequenz gleich und mal wurde sie langsamer oder schneller, je nachdem, wie weit das Laden vorangeschritten war. Beim zweiten Test setzte Harrison Balken ein, in denen farbig abgehobene Wellen rhythmisch in die eine oder andere Richtung wanderten. Nachdem das Programm geschrieben war, bat er 20 Freiwillige zum Test. Sie sollten Angaben darüber machen, inwiefern die Augenwischerei Einfluss auf ihr subjektives Zeitempfinden nimmt, während sie warten. Noch einmal zur Verdeutlichung: Alle Ladebalken waren so eingestellt, dass sie fünf Sekunden brauchten, um das erlösende Ende zu erreichen.
Viele Teilnehmer gaben nach dem Experiment an, dass die Ladezeit kürzer sei, wenn das Pulsieren mit der Zeit zunimmt. Dasselbe behaupteten sie von den Ladebalken, in denen die Wellen von vorne nach hinten verlaufen.
Apple setzt die Wellentaktik heute beim MacOS X ein: Kleine, blaue Farbschübe wandern von rechts nach links – allerdings bei immer gleichbleibender Geschwindigkeit. Nach Harrisons Erkenntnissen könnte die Ungeduld der Menschen noch weiter geschont werden, wenn Apple diese Geschwindigkeit mit dem Fortschreiten des Balkens langsam drosseln würde. Insgesamt könne so allein durch die Kraft der visuellen Spielerei beim Nutzer der Eindruck erweckt werden, dass der Download beziehungsweise die Installation 10,9 Prozent schneller abläuft. Leider hat Harrison den Test nicht mit den Pinups gemacht. Wäre ja auch mal interessant gewesen…
(André Vatter / Bild: Designbote)