Ich dachte erst, dass der Kollege die Redaktion neu tapezieren wollte – dabei war es nur der Stimmzettel für die Europawahl. Er hatte Briefwahl beantragt und trug eine lange, weiße Fahne mit zu bekreuzenden Kringeln durch das Zimmer. Irgendjemand warf den Kommentar „bestimmt neunzig Zentimeter“ in den Raum. Naja, wir wollten es aber dann genau wissen und ich rief beim Bundeswahlleiter an: „Stimmt es, dass der Wahlzettel rund 93 Zentimeter lang ist?“ fragte ich. „93,8 Zentimeter!“, unterbrach mich direkt der Sprecher. Wir redeten noch ein wenig und ich bat ihn, mir kurz einige Fragen per E-Mail zu beantworten. Und hier sind die Antworten…
Wie lang ist der der EU-Stimmzettel in diesem Jahr nun genau?
Der Stimmzettel zur EU-Wahl 2009 ist durchschnittlich 90 cm lang. Die Größe variiert von Bundesland zu Bundesland, was mit den jeweils durch die Länder veranlassten Druckaufträgen zusammenhängt. Mal verwenden die Druckereien einzelne Druckbögen, mal drucken sie von der Rolle. Den längsten Stimmzettel gibt es nach uns vorliegenden Informationen in Hamburg mit 94 cm.
Ist es wirklich das erste Mal, dass aufgrund der Länge des Scheins keine Umschläge benutzt werden können? (Übrigens haben wir mitgezählt: der Zettel muss insgesamt neun Mal gefaltet werden, damit er in den Briefwahlumschlag passt)
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Nein, bereits zur letzten Europawahl (2004) wurden keine Umschläge benutzt.
Was passiert eigentlich mit den Stimmzetteln nach der Wahl? Wir sprechen hier ja wortwörtlich von einer Menge Holz…
Die Stimmzettel können normalerweise 60 Tage vor der nächsten Europawahl (entsprechend bei Bundestagswahl) vernichtet werden. Wenn sie nicht für ein Wahlprüfungsverfahren oder Wahlstrafverfahren benötigt werden, kann der Landeswahlleiter auch eine frühere Vernichtung zulassen. In der Regel erteilt hierzu der Bundeswahlleiter die Freigabe.
Die Vernichtung selbst wird in den Gemeinden vorgenommen. Dabei wird beispielsweise die Vernichtung von Stimmzetteln so gehandhabt, dass die ausgefüllten Stimmzettel im Regelfall durchaus dem Altpapier zur Entsorgung zugeführt werden, während Stimmzettel, die mit Zusätzen versehen und deshalb Bestandteil der Niederschrift sind, durch Schreddern oder Verbrennung vernichtet werden.
Bei all dem Aufwand stellt sich doch die Frage: Warum werden keine Wahlcomputer eingesetzt? Wie denkt der Bundeswahlleiter über ihren Einsatz? (Ich weiß, dass jetzt viele von euch die Hände über den Kopf zusammenschlagen und „Um Gotteswillen!“ rufen – ja, ich weiß. Und ich bin genauso wie ihr aus guten Gründen gegen Wahlrechner. Dennoch konnte ich nicht widerstehen, diese Frage zu stellen:)
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verwendung von elektronischen Wahlgeräten bringt nach Meinung des Bundeswahlleiters Klarheit insbesondere für die Gemeinden, bei denen diese bislang zur Erleichterung der Zählung der Stimmen benutzt wurden. Die Gemeinden haben nunmehr hinreichend Zeit, um eine ausreichende Zahl an ehrenamtlich tätigen Wahlhelfern bis zu der am 7. Juni 2009 anstehenden Europa- und der am 27. September 2009 anstehenden Bundestagswahl zu gewinnen.
Im Übrigen: Über die Zulassung von elektronischen Wahlgeräten entscheidet nicht der Bundeswahlleiter sondern das Bundesministerium des Innern, nachdem die Geräte einem zentralen Prüfverfahren gemäß der Bundeswahlgeräteverordnung (durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt) unterzogen wurden.
Soweit die Informationen aus dem Büro des Bundeswahlleiters. Die Länge ergibt sich übrigens (wie kann es anders sein) aus den neu hinzugekommenen Wahlmöglichkeiten: 1999 gingen 23 Parteien an den Start, 2004 waren es schon 24 und in diesem Jahr sind es rekordverdächtige 31 Parteien. Ach, ja: Wer den Wahlzettel einmal live und in voller Pracht sehen möchte, braucht nichts Weiteres zu tun, als am 7. Juni in die Kneipe oder Grundschule seines Vertrauens zu gehen. Und wenn man schon einmal da ist, kann es ja auch nicht schaden, gleich ein Kreuzchen zu hinterlassen. In anderen Worten: Vergesst nicht zu wählen.
(André Vatter)