im Artikel Regionalblogs und Anzeigenmodell habe ich versucht, ein Konzept aufzuzeigen, um als Lokalblogger (ein Blog, das sich thematisch mit einer Region auseinandersetzt) seine Leser zu erreichen. Indem man seine Artikel ausdruckt und als Blättchen kostenlos im Umlauf bringt. Um die dafür anfallenden Druck- und Verteilkosten zu tragen, wurde das Konzept um eine Anzeigenbereich erweitert.
In einem weiteren Artikel Dig-to-Print II. bin ich auf das Konzept des Magazins Everywhere eingegangen. Das Beiträge und Fotos von Usern online erstellen lässt und anschließend zu einem Printmagazin zusammenstellt und per Abomodell verschickt.
Heute erreicht mich eine Mail von Matthias Möller, dem Gründer von MyHeimat.de. Ich darf mal zitieren:
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Content Creator / Social Media / Marketing (m/w/d) Halloren Schokoladenfabrik AG in Delitzsch |
Wie auch schon im Kommentar zum Beitrag erwähnt, machen wir genau das seit 2003. Die Wurzeln (damals allerdings noch nicht so schön und schlank übers Web) liegen in den 90ern, wo auch schon in einem kollaborativen Ansatz ein Regionalmagazin erstellt wurde. Inzwischen bringen wir 18 Magazine mit dem Ansatz eines offenen Regionalblogs (bei dem jeder mitmachen kann) heraus. Und seit April werden auch Beiträge in regionalen Tageszeitungen (z.B. der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung oder der Oberhessischen Presse). Wir hatten am Wochenende 450 (von inzwischen 14.000) Mitschreiber der Regioblogs auf myheimat.de bei einem Treffen in Augsburg versammelt. Zu diesem Anlass haben wir einige Informationen dargestellt, die einen Einblick geben in die Idee von myheimat und den Menschen, die hier mitschreiben. Unter dem Gogol-Blog gibt es dazu weitere Informationen.
Die Zusammenarbeit mit etablierten Presseunternehmen ergibt sich durch eine Beteiligung seitens des Madsack Verlages, die seit April 08 mit an Bord sind.
Nach dem Check einiger Artikel im Netz zu MyHeimat einige Keyfacts, die nicht 100% aktuell sein mögen:
– gratis verteilte Auflage: 120.000 pro Monat
– Team: acht Anzeigenverkäufer, zwei Producer, zwei Layouter, drei IT-Entwickler, zwei Redakteure und ein Grafikdesigner
– 14.000 Mitschreiber, 1/3 Mix aus aktiv, mäßig aktiv, selten-gar nicht
– Altersstruktur sei gleichverteilt (kann das sein?)
– die Schreibe sei nicht kritisch, zumindestens nicht die Artikel, die im Print erscheinen
– zu jedem Autor gibts ein Foto
– das Bewußtsein, im Print erscheinen zu können, führe zu „besseren“ Artikeln
– Mitschreiber werden nicht bezahlt
– im Print finden sich hin und wieder auch redaktionelle Artikel (Redakteur)
– die Auswahl der Artikel erfolgt nach Anzahl Kommentare, Traffic, manuell
– Werbeanteil im Print beträgt max. 50%
– Onlineumsatz sei vernachlässigbar, Löwenanteil aus Printanzeigen
– das Lesen von Artikeln online ist per se ein vernachlässigbarer Bereich, da der Schwerpunkt im Verfassen von Artikeln für Print liegt, damit ist der Traffic brutal niedrig. Ausnahme: Wo kein Print erscheint, ist die Lesenutzung via online weitaus höher
– man scheint noch nicht im grünen Bereich zu sein, man investiert noch
– Lokalkonzept sei für Gemeinden mit 10.000-50.000 Einwohner geeignet (1.900 Orte dieser Größenordnung in D)
Update: Matthias hat die brandneuen Keyfacts mit aktuellen Daten
Quellen:
– Onlinejournalismus: Myheimat: Stadtgeflüster mit Gewinn
– TAZ: www.heile-welt.de
– Blog Age: Myheimat.de: Bürgerjournalismus auf dem Mediacamp
– eBusiness Blogger: MyHeimat holt Madsack an Bord
– Tischthema #02: »Verdienen mit Bürgerjournalismus « mit Dr. Matthias Möller mit einem halbstündigen Video, spannend
– ein Beispielseintrag auf MyHeimat.de
– die Startseite für Augsburg
– die Startseite
Was mich wundert bzw. Bauchschmerzen bereitet:
Wie kann das sein? Sollte nicht MyHeimat doch etwas dicker sein als mein armseeliges Blog?? Immerhin will MyHeimat viele Mitschreiber haben und produziert dadurch sicherlich weitaus mehr Inhalte als ich es auch nur annähernd schaffen kann. Und durch das „printmarketing“ müsste die Seite doch eigentlich gut besucht sein? Oder spuckt Google Trends einfach nur falsche Daten aus?
Antwort: Matthias klärt es auf. MyHeimat wird tatsächlich von den Bürgern als online Schreibwerkzeug angesehen und dementsprechend genutzt, damit man sich sein eigenes Print-Lokalblättchen zusammenstellen kann. Eine herkömmliche Online-Nutzung im Sinne von Schreiben, Lesen und Kommentieren ist dementsprechend unterentwickelt. So erklären sich auch die extrem niedrigen Trafficdaten trotz 40.000 Artikeln und 200 Neueinträgen pro Tag im hyperlokalen Bereich. Wenn man so will, ist MyHeimat ein user generated Printmag mit einem online Redaktionssystem. Dass man Artikel auch online lesen kann, ist mehr der Auswahlsystematik geschuldet, denn dem Onlineleser des Lesens wegen (außer dort, wo das Blättchen nicht erscheint, nutzt man gerne die Inhalte online zum lesen). Crazy, absolut crazy:) Aber so banal, dass es wiederum geil ist:)
Zur These: „Was online nicht reicht, Leser anzulocken, wird im print erst recht nicht reichen.“?
Man muss vielleicht folgendes vorab schicken: die Orte, in denen myheimat gedruckt erscheint, haben meist eine armselige Medienlandschaft.
Und hier gibt myheimat den Menschen vor Ort die Möglichkeit die Informationen aus ihrem Ort in gedruckter Form an alle zu verbreiten.
Ich hatte schon in meinem vorigen Kommentar erwähnt, dass die Online Inhalte aufgrund ihres lokalen Bezugs natürlich meist nur interessant sind für die Menschen aus dem direkt betroffenen Mikrokosmos. Das schränkt die Zielgruppe schonmal stark ein.
Und viele schätzen dann einfach die monatliche Zusammenstellung, das Best-of aus dem letzten Monat online. Und gehen eher selten online, um sich einen Überblick zu verschaffen. Ausser sie bekommen eine direkte Empfehlung für einen Artikel
Was auch die Rolle der klassischen Printmedien unterstreicht, auch ein Filter zu sein.
Was lernen wir btw für das Konzept „Regionalblogs ausdrucken und verteilen“ (s.o.)? Eine Verbreitung per Druck ist zwar ok, aber das Rüberholen der Print-Leser auf das Blog könnte sich schwierig gestalten. Warum man auch auch immer eine Konversion offline-to-online bzw. eine Parallelnutzung im Auge haben sollte. Und was lernen wir noch? Dass die Gesetze des Internets im hyperlokalen Bereich bei kleinen Gemeinden irgendwie auf den Kopf gestellt zu sein scheinen.