Don Alphonso macht sich Sorgen um die Qualität der Vorträge auf den Barcamps, dass das systemisch bedingt auch nie wirklich gut werden kann insgesamtheitlich:
Klassischerweise sitzen in jeder Konferenz Leute, die selbst etwas organisieren, und dann entscheiden, wen sie wollen, und wen nicht. Dieser flexible Erkenntnisprozess, der in ein effektives Qualitätsmanagement ohne allzu viele Aussetzer mündet, fehlt bei Barcamps weitgehend. Mit dem Ergebnis, dass der Gehalt so einer Veranstaltung von den Pfeifen und Gschaftlhubern runtergezogen wird. Man kennt als Vortragender die nervigen Coreferenten im Publikum, die keine Frage haben, sondern ein sexuelles Verhältnis mit ihrem Selbstwertgefühl: Für solche Leute sind Barcamps ideal. In der Folge wird ein Barcamp Schwierigkeiten haben, die Qualität einer Konferenz zu erreichen. Zudem fehlt eine Komponente des Poetry Slam: Es gibt keinen Wettbewerb um Qualität, und keine Jury, die entsprechend Druck macht. Die dafür sorgt, dass die theoretischen Vorteile der Offenheit eines Barcamps nicht durch ihre praktischen Nachteile überwogen werden.
Vornweg, um es unverblümt zu sagen: DonAlphonso aka Rainer Meyer war noch nie auf einem Barcamp, es handelt sich demnach nicht um einen Einblick mit Erfahrungshintergrund, sondern um theoretische Gedanken ohne Praxisbezug. Das nur mal vorab, wer sich den oben verlinkten Beitrag durchliest und die Ableitungen des Autors auch im Kommentarverlauf für bare Münze nimmt. Da treten so viele Verallgemeinerungen zu teilnehmenden Personenkreisen und inhaltlichen Abläufen auf, dass man als BC-Teilnehmer nur noch mit dem Kopf schütteln kann.
Dennoch, Theorie hat manchmal auch einen praktischen Bezug, nämlich die Kernfrage, wie man die Qualität eines Vortrags sicherstellen kann, ex post und auch ex ante, falls der/diejenige nochmals einen Vortrag auf einem Barcamp plant.
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Zunächst zu der Sessionvorplanung:
meistens (bis dato ohne Ausnahme) werden die Barcamps über Wikis organisiert. Dort gibt es stets einen Bereich Themenvorschläge. So können sich einerseits Teilnehmer vorab erkundigen, was möglicherweise drankommen könnte, um sich Fragen/eigene Beiträge für die Sessions im voraus zu überlegen, sie können sich aber auch zusammentun, um gemeinsam einen Vortrag zu halten. Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass man im Vorfeld diese Möglichkeiten der eigenen Vorbereitung nicht nutzt. Dröseln wir das mal genauer auf:
1. jeder kann eine Session vorschlagen, selbst wenn er nicht auf dem BC erscheinen wird. Das scheint vielen nicht bewußt zu sein. Warum? Nennen wir es halt Kommunikation. Nennen wir es Wording. Besser wäre ein Sektor „Session-Wunschlischte“ im Wiki. Wer eine Session vorschlägt, sollte, muss aber nicht unbedingt, auch Infomaterialien zusammentragen (Links…). Die wiederum kann ein interessierter Teilnehmer aufgreifen und zusammen mit dem Vorschlagenden weiter ausarbeiten, so dass ein fertiger Vortrag steht. Er kann, muss nicht, er kanns ja auch alleine vorbereiten.
2. Jeder kann eine Session vorschlagen, auch wenn er auf dem BC erscheinen wird, aber nicht vortragen möchte. Jo mei, dasselbe wie bei 1.
3. Jeder kann eine Session vorschlagen, die er auch vortragen möchte. Was kann er vorab tun? Sich ggbfl. auf seinem Blog erkundigen, was spannend ist, was nicht spannend sein muss. Wenn er kein Blog hat, kann er sich ja an einen befreundeten, passenden Blogger wegen Mithilfe wenden. Alternativ wäre es denkbar, dass man das über ein speziell dazu eingerichtetes Forum erledigt, doch habe ich meine Zweifel, dass sowas fruchtet. Es sei denn, das Forum wird immer wieder genutzt und etabliert sich damit als Vorbereitungstreffpunkt. Das wäre meine Empfehlung.
Wieso kann jeder eine Session vorschlagen?
Weil ein Barcamp ist, wo am Samstag/Sonntag Morgen gemeinsam die Sessions vorgeschlagen werden. Und an die Wand geklatscht werden (Raum/Uhrzeit). Ok, das war jetzt eine organisatorische Erklärung. Das ist es aber auch schon. Das Barcamp selektiert nicht nach guten und schlechten Vortragenden, jeder ist willkommen. Mag Konferenzgängern schwer begreiflich sein, aber mal ganz ehrlich. Nehmen wir mal DonAlphonso und Guy Kawasaki. DonA würde ich als Konferenzveranstalter niemals einladen, wenn ich mich zwischen beiden entscheiden müsste. Denn Guy spielt in der Weltliga der besten Referenten weltweit mit. DonA ist gerade mal regionale Kreisklasse, vergleicht man beide miteinander. Warum sollte ich also DonA jemals einladen? Einladen? Wozu? Jeder kann kommen. Und vortragen. Eben, weils ein BC ist und man nicht nach DonAs und Guy Kawasakis unterscheidet. Es ist eine Einstellung. In dem Wissen, dass Menschen, die nicht gut vortragen können, dennoch inhaltlich etwas zu sagen haben, die aber auf Konferenzen nie vortragen können, weil sie eben sprachlich nicht so bewandert sind, geschissen drauf. Wer Show will, soll sich halt Konferenzen mit den world class Vortragenden reinziehen.
Während der Session
Sobald die Session läuft, ist alles sozusagen gelaufen, man kann nicht mehr korrigierend eingreifen? Mitnichten! Zwei Aspekte: Länge einer Session und Sessionablauf. Eine Session läuft idR zwischen 30-60 Minuten, kurz und knapp genug. Die Länge ist System, damit man an einem Tag einen Kessel Buntes mitnehmen kann. Wer das nicht mag, soll sich eben Workshops, Seminare, langatmige Konferenzen mit 3-Stunden Vorträgen reinziehen (auf der WebExpo in Berlin so geschehen, ich hatte durchgehalten, aber was für eine Qual…). Barcamps sind nix für Interessenten, die ein Thema von A-Z beigebracht haben wollen. Man wird angefixt und kann was draus machen, BCs sind für Selbstlerner bzw. solche gebaut, die sich gerne Anregungen holen, dann aber selber weitermachen. Für „bring mir alles bei“-Menschen ist das der falsche Ort. So kann niemand von mir erwarten, dass ich ihm die „Geheimnisse“ und Bauweise von erfolgreichen Social Networks „beibringen“ werde, geschweige denn, dass ich das überhaupt könnte, in der Kürze der Zeit kann man Aspekte nur verkürzt darstellen oder aber einen Aspekt besonders gewichten, um ein Grundprinzip zu vermitteln. Ebenso die Sessions, die sich bspw. immer wieder um Kohle machen mit Blogs drehen. Wer denkt, dass er dort in einer halben Stunde beigebracht bekommt, wie man im Schema-F Verfahren tausende von USD verdient, hat gelinde gesagt leichte Übererwartungen an den Referenten oder aber er traut seinen eigenen Prozessoren zu viel Rechenpower zu. Again: man wird angefixt, den großen Rest… lauf selbst!
Kommen wir zum Punkt Sessionablauf: im Raum sitzen meisten 5-20 Personen, selten mal 100 zugleich. Perfekte Runden, um g.e.m.e.i.n.s.a.m. Themen zu beackern. Wenn der Referent seine 100 Folien runterdonnert (auch das passiert), aber keiner macht die Klappe auf, obwohl er gerne was beitragen möchte, unterstellt sich einer falsch verstandenen Höflichkeit. Es ist eine M.i.t.m.a.c.h.-Konferenz. Keine Konferenz, in der 500 Leute einem Typen mit Hornbrille schweigend auf dem heiligen Podest lauschen und der per beruflicher Stellung ein Gott ist (CEO, CIO, Cerschlagmichtot), der nach 2 Stunden zum Ende seines Vortrags fragt, ob es noch Fragen gibt. Hallo? Ich kann nur von mir reden: ich halte keine Sessions mehr, ohne die Leute direkt zu piesacken, bis sie endlich den Mund aufmachen (was bei ITlern manchmal 2-3 Minuten dauert, nicht länger, wenn man genug nachbohrt). Für mich sind die Teilnehmer einer Session meine Referenten, ich nur der Spacko vorne, der die Leute zum Quatschen bringt. Ich kann gerne meine „heiligen“ Thesen formulieren, da aber mir nix heilig ist, will ich wissen, was die anderen denken. Interaktion. Nicht frömmig lauschen und schlafen. Schlafen kann man zu Hause. Nicht selten aber lauschen die Teilnehmer in der Session und beklagen sich nachher, dass man das hätte besser machen können. Pech gehabt, mitmachen in der Session, nicht schlau nachher herumtheorisieren, da ist jeder bei Bedarf Weltmeistertrainer.
Wie macht man den Vortragenden besser?
Komische Frage, aber berechtigt. Natürlich kann man nachher zu dem „Referenten“ gehen und ihm meine Eindrücke schildern. Oder aus falscher Höflichkeit heraus aufmuntern und ihm für den langweiligen Vortrag auf die Schultern klopfen. Damit habe ich mir keinen Gefallen getan, dem Vortragenden schon gar nicht. Nun muss man ihm nicht direkt sagen, dass er beschissen war, aber man kann ihm aus der eigenen Sicht heraus Hinweise geben, was er verbessen kann. Ich erinnere mich an Kosmars Folienvortrag auf dem BC München. Jo mei, nachher habe ich ihm eben gesteckt, ob er nicht gemerkt hat, dass seine Zuhörer nach der zehnten Folie eingeschlafen sind. Er ist zwar für einen Webworker typischerweise ein Sensibelchen, aber hey, beim nächsten Mal wird er garantiert drauf achten und hoffentlich Gegenmaßnahmen im Vortrag einbauen. Wir gehen als Erwachsene miteinander um, nicht als Kinder. Und der Vortragende ist auch nicht die Queen of England, erhaben über jede Kritik. Will sagen: niemand stirbt, wenn man ihm kritisches Feedback gibt. Wer mit Feedback nix anfangen kann, wird nie was lernen, das ist aber völlig unabhängig vom BC zu sehen und auch nicht Sache des BCs.
So, das mag langen. Ich könnte noch ewig quasseln. Es gibt einen Haufen Wege, wie man die Qualität der Vorträge verbessern kann. Das war nur ein Ausschnitt mit einigen Beispielen. Auch hier gilt: Inhalte sind unterschiedlich, man kann nicht immer je nach Thema gleichartig verfahren. Eines zum Schluss: Wer tausend Vorträge gehalten hat, wird tendentiell besser sein, als einer, der noch nie einen vor der Meute gehalten hat. Auch das ist ein Gesetz:) Wie alles im Leben macht Übung den Meister und das Sprichwort „noch ist kein Meister vom Himmel gefallen“ ist 100% wahr. Doch bringt mich das auf eine Idee, ob man auf einem Barcamp nicht auch mal einen Profi einladen könnte, der Lust hat, über Vortragsstile und wenige Kniffe zu plaudern. Könnte voll werden.