Lars Cords von fischerAppelt Kommunikation hat bewusst oder unbewusst die Einstellung der Wirtschaft zur momentane Entwicklung im Web wiedergegeben. Auf wirres wird seine Aussage festgetackert, die er im Rahmen der Bucarius Law School zum Thema „Web 2.0: Wie verändern sich Medien und PR?“ (news aktuell war der Veranstalter, siehe Blogeintrag) auf dem Podium gemacht hat.
Dazu gibt es auch eine 10-minütige Audiozusammenfassung, angehangen an die Pressemeldung bei news aktuell. Ich habe bei news aktuell nachgefragt, ob ich die entsprechende Passage hier als zweiminütigen Ausschnitt bringen darf und das OK bekommen:
für mich ist das immer noch so, 99.99% dessen, was Web 2.0 ausmacht an Realität, ist immer noch das Ergebnis egozentrischer Selbstreflektierer. Und zwar auf dem Niveau von Teenager-Tagebüchern. Der Rest seiner Aussage bezieht sich auf einige Blogger, die seiner Meinung nach über bestimmte Themen den Sprung in die Medien schaffen und dadurch als Meinungsmacher wichtig werden.
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Nun, ich möchte jetzt nicht darauf eingehen, wie böse Business ist, sich mit dem Thema zu beschäftigen, um es für die eignen Zwecke zu kommerzialiseren, damit man noch mehr Gewinn macht. Diese Logikkette ist mir zu platt. oder Lars Cords bashen, das ist unnütz und nicht zielführend.
Vielmehr möchte ich auf einen wesentlichen Punkt eingehen, der insbesondere im Bereich Corporate Blogging (ich fokussier es bewusst nur auf das Thema Blog, auch wenn Cords seine Aussagen mehr oder minder auf das gesamte Webspektrum bezogen hatte) spannend und zentral ist:
Erweitert man mit dem Firmenblog seine Kommunikationskanäle um einen weiteren Kanal und verpflanzt zugleich das bisherige Kommunikationsverhalten 1:1 in diesen neuen Kommunikationsraum? Oder denkt man darüber nach, ob die eigene Kommunikationspolitik überhaupt zu dieser Umgebung passt? Ja, gar, passt man selbst dazu? Stephanie Dann hat das mal wunderbar ausgedrückt, dem man fast nichts mehr hinzufügen kann:
Variante 1: Das Unternehmen, das stets um sich selbst und seine Gewinnerzielungsabsicht kreist, klassische vertriebliche Aktivitäten als das einzige Mittel versteht und seine Kunden ausschließlich als Kulisse bzw. Erfüllungsgehilfe für den eigenen Zweck sieht, versucht seine Waren/Dienstleistungen mit viel Kraft und Vertriebskosten durch die richtige Masche/Platte/Werbemaßnahme in den Markt zu drücken. Selbst gutgemeinte Versuche, „Kundenorientierung“? „professionell“? zu leben, enden in unglaubwürdigen Floskeln oder der Anschaffung entsprechender Tools und müssen scheitern, weil eine wechselseitige Beziehung und echte Kommunikation zwischen Partnern niemals zustande kommt. Und es wird weder die Bedürfnisse noch den tatsächlichen Bedarf seiner Zielkunden wahrnehmen können und infolgedessen versuchen, noch lauter zu schreien, um seine Botschaft rüberzubringen. Dieses Unternehmen wird genauso einwegig kommunizieren wie es denkt, kommunikative Aspekte hinter Kosten stellen und argwöhnisch hinterfragen, wozu es denn gut sein soll, in Dialog zu treten.
Variante 2: Das Unternehmen, das verstanden hat, dass es durch vertrauensvolle Beziehung, gelebte Partnerschaft und Glaubwürdigkeit seinen Kunden gegenüber viel weniger Kraft braucht, sich am Markt zu behaupten, dauerhaft erfolgreich zu sein, sich Vertrauen zu erwerben und „gemocht“? zu werden und daher ernsthaft in Erwägung zieht, seine Kunden und potenziellen Kunden über den Moment der Transaktion hinaus im Fokus zu behalten, wird eine echte Zweiwegekommunikation nicht nur mit Leichtigkeit zulassen, sondern bewußt suchen, um dabei auch möglichst viel zu lernen. Die Frage „Was bringt mir das?“? ist aus dieser Haltung heraus überflüssig.
Wenn ein Thema wie z.B. „Business-Bloggen – ja oder nein?“? zwischen Vertretern der 1.und der 2. Variation diskutiert wird, ist m.E. eine Verständigung schwierig bis unmöglich. Immer wird man aus der eingeengten eigenen Perspektive heraus Gründe finden, warum das Argument der Gegenseite nicht greifen kann. Mit Bloggen oder Nicht-Bloggen scheint mir das allerdings nicht viel zu tun zu haben, sondern eben mit diesen viel grundsätzlicheren Unterschieden in der Weltsicht – womit wir wieder bei Cluetrain ja oder nein wären.
Zusammengefasst: will ich überhaupt mit meinen Kunden reden? Wie? Und wie hoch ist meine Wertschätzung und Respekt gegenüber meiner Kundschaft? Sie ist mit Sicherheit sehr niedrig, wenn man alles mit dem Satz subsummiert, dass 99.99% unnütz und wertlos ist. Die reine Fokussierung auf wenige, von mir wegen meinungsbildende Blogs ist lediglich eine Verlängerung der bisheringen Politik, mit den Medien zusammenarbeiten zu müssen, weil diese eben die Gatekeeper sind. Und man wenige Gatekeeper viel einfacher kontrollieren kann, als eine Masse von unbekannten Meinungsproduzenten. Command & Control. Immer die ewig gleiche Leier. Das entspricht dem latenten, oftmals unausgeprochen Vorgehen von Unternehmen, die gerne ein Bild von sich nach außen hin senden möchten, das aber ganz und gar nicht mit der inneren Welt synchron ist. Das hat aber in der Welt der „breitflächigen“ Pull-Kommunkation wenig zu suchen. Zumal man auch gleichzeitig bei einer Fokussierung auf weniger, wichtige Blogger den anderen Bloggern ein klares Signal sendet: Ihr seid unwichtig, auch wenn ihr reden wollt. Das Problem, wie man nun eine Zweikanal-Kommunaktion überhaupt ökonomisch handhaben kann, überlasse ich der Fantasie eines jedes. Das ist für die jetzige Argumentationsführung nicht kriegsentscheidend und separat abzuhandeln. Aber zurück zum Thema. Worauf kommt es an? Sagen wir es einfacher: Will ich, kann ich, soll ich?
Oder anders herum: Instrumentalisiere ich meine Kunden auch via Weblog oder lasse ich mich auf eine neue Art von Kommunikation ein? Die da heißt, das man zwischen Gleichen kommuniziert, nicht Top-Down. Respekt, Wertschätzung und Werte spielen hierbei eine ungemein wichtige Rolle. Ein Unternehmen, das so tut als ob, sollte die Finger von einem Corporate Blog lassen. Nicht nur im Consumer-Segment, sondern auch im Business-Segment. Und es wird interessante zu beobachten sein, wie sich die Spreu vom Weizen trennen wird. Ebenso, wie PR-Agenturen ihre Firmenkunden beraten können bzw. wollen. Wohlwissend, dass die Bereitschaft zu Aufgabe einer kontrollierten Kommunikation beim Kunden inhouse nahezu unmöglich ist. Doch gerade deswegen bieten sich Unternehmen exzellente Chancen auch unter dem Aspekt der ökonomischen Effizienz von Ressourceneinsätzen, die hierbei strategisch ihre Rolle überdenken und ihr Kommunikationsverhalten dem Zeitgeist anzupassen verstehen.