anbei eine Mail von Silke von silkester.de, die sich Gedanken über den gesamten Transparency-Fall im übergeordneten Sinne macht, sprich auf eine generelle Vorgehensweise der Blogger abstrahiert. Das stelle ich hier auf dem Blog gerne zur Diskussion ein.
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Hallo Robert,
wie steht es mit dem Netz der Blogger. Viele Blogger kennen sich seit Jahren. Lesen einander und vertrauen einander. Neben den menschlichen Beziehungen ist durch die Vernetzung auch eine Blogmacht entstanden. Weblogs können den Mainstream bestimmen. Blogger wissen in der Regel um ihre Macht und können diese ge- oder missbrauchen. Wann wird das Blog missbraucht, wann wird es gebraucht?
A) Die Solidargemeinschaft kann sich zusammenschließen, um einen Sachverhalt in den öffentlichen Fokus zu rücken.
B) Die Solidargemeinschaft kann sich zusammenschließen, um das Fehlverhalten einer Person/Organisation in den Fokus zu rücken.
Neue Stellenangebote
Studentisches Praktikum – Video- & Social-Media-Marketing im Bankwesen (m/w/d) Taunus Sparkasse in Bad Homburg vor der Höhe |
||
Social Media Manager (m/w/d) NordwestLotto Schleswig-Holstein GmbH & Co. KG in Kiel |
||
Social – Media Redakteur / Manager / Journalist (m/w/d) Niedersächsischer Fußballverband e.V. in Barsinghausen bei Hannover |
Die Blogosphäre kann sich zusammenschließen um
A) ein Mitglied der Gemeinschaft zu stärken
B) den Gegner eines Mitglieds aus der Gemeinschaft fertig zu machen.
Bislang ist der Aspekt des Sachverhalts i.R. sehr kurz gekommen. Leichter und verheerender für die Betroffenen hat die Blogosphäre den Schulterschluß gegen eine Person oder Organisation gewählt.
Auf der rein sachlichen Ebene wird man kaum die Masse in Bewegung setzen können. Auf dem Schlachtfeld der Bloggerehre kann man Ruhm ernten und sich im wohligen Gefühl des Gutmenschseins suhlen.
Man wird also die Sachebene zu einem guten Stück verlassen müssen. Doch wenn der Schulterschluß beschlossene Sache ist, warum muss er immer gegen etwas sein, statt für etwas?
Kann man nicht beschützen ohne den Anderen nachhaltig zu schaden? Muss wie in dem letzten Fall, bei dem der Großteil keine Möglichkeit hat, den Fall objektiv zu beurteilen, den Gegner an die Googlewand nageln? Was ist, wenn das Mädel morgen eine gute Stelle findet und dreimal soviel verdient mit einem Superbetreuungangebot für das Kind oder wenn wir nicht im Märchenmodus denken, hat nicht das gekündigte Mädel Anspruch auf ALG und kann sich eine adäquate Stelle suchen? Ihre Chancen haben sich weder verschlechtert noch verbessert durch die Aufregung. Der Verein aber hat die Belastung noch eine ganze Weile am Bein, denn jedesmal, wenn sich jemand über den Verein informiert, sei es in Google oder im Pressearchiv, dann wird diese Geschichte dabei sein.
Der Fluch der Permanenz schlägt dann gnadenlos zu. Ist das gerecht?
Was wäre, wenn man statt klagend mit dem Finger auf den Gegner zeigt, sich zwar immer noch untereinander verbündet und zugleich den Dialog mit der anderen Seite vermittelnd sucht? Wie gesprächsbereit ist die Blogosphäre?
Wenn in einer Kneipe ein Angetrunkener den anderen Angetrunkenen erst einmal anpöbelt, kommt es in dem meisten Fällen zu einer Schlägerei. Die Blogosphäre neigt ebenfalls dazu, erst einmal bei der gefühlten Ungerechtigkeit jeden anzupöbeln, der nicht auf ihrer Linie liegt. Sind die Fäuste nicht allzuschnell oben?
Was ist mit einer Schiedstelle, was mit juristisch fundiertem Rat? Wie gut ist die Solidargemeinschaft, dass sie sich mit fähigen juristischen Beratern umgeben kann und im Bedarfsfalle ungerechte Klagen und Abmahnungen mit aller Härte juristischer Mittel im Keim ersticken kann?
Statt dessen wird erst geschossen und dann gefragt, „war das nötig“, traf es auch den richtigen? Wann kommt der Fall, bei dem die Blogosphäre sich beschämt fragen muss, wie das nur geschehen konnte?
Wir haben ein soziales Netz. Die Blogosphäre ist eine Solidargemeinschaft und kann viel erreichen. Zerstörerisch ebenso wie konstruktiv. Aber dazu sollte man sich immer Fragen, ob man den Gegner an die Wand nagelt oder doch seine über Jahre erworbene soziale Stellung in der Blogosphäre dazu einsetzt und anfängt Opfer zu stärken und nicht Gegner zu schwächen.
Es ist eine Frage der Ethik und der Perspektive. Die Gefahr, dass man unverhältnismäßig zurückschlägt ist sehr groß. Wie fair können Blogger sein? Wie fair und selbstkritisch kannst Du sein, Robert.
Lieben Gruß
Silke
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Nico Lumma meint ähnlich:
So ähnlich wird es mit den Firmen sein, die die Blogosphäre nicht verstehen wollen oder können. Sie werden reihenweise in das offene Messer laufen, denn in der Hoffnung auf das große Webfundstück der Woche werden noch einige Auseinandersetzungen publik gemacht werden. Während früher die PR-Leute ausgeschickt wurden, um die Medien zu bearbeiten, wird dies heutzutage nicht mehr möglich sein. Solange Suchmaschinen ein Gradmesser dafür sein sollen, welche URLs wichtig für ein Thema sind, wird die Linkmacht der Blogs dafür sorgen, dass ein PR-Gau ganz lange nachklingen wird. Ohne große Möglichkeiten, viel bewirken zu können mit PR-Maßnahmen. Das finde ich einerseits positiv, andererseits befürchte ich aber auch, dass die Blogosphäre durchaus negativ herüberkommen wird, denn bislang wird jedenfalls in Deutschland die kollektive Linkmacht nur für ein konkretes „dagegen!“ verwendet, nicht aber für einen positiven oder konstruktiven Umgang mit einem Thema. Ich finde ein entschiedenes „so nicht!“ sehr gut, und in den beiden Fällen auch völlig richtig, aber mir wäre ein geballtes „los, weiter so!“ auch mal ganz lieb.
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Oder Schoggo-TV (einigen aus dem Fall Mein-Parteibuch bekannt), der ebenfalls Bedenken hat, allerdings in einer eher extremen Position, ganz im Gegensatz zum ausgleichenden Artikel von Silke:
Wäre ich ein Teil dieser unbedarften Öffentlichkeit, so würde ich auf Grund dessen, was und wie über den besagten Fall berichtet wird, glatt den Eindruck gewinnen mögen, daß Organisation Transparency International eine ganz üble Organisation ist, welche auf unschuldige Menschen losgeht und die ich deshalb meiden oder gar boykottieren sollte.
Aber ich bin Blogger und deshalb mit den üblen Methoden vertraut, mittels derer man, dabei unter dem Mantel der Meinungsfreiheit, andere nicht nur schädigen sondern auch mundtot machen kann. Persönlich graut es mir vor einem möglichen Tag, ab dem nur wenige bloggende Internetaktivisten anderen Personen, Firmen oder Organisationen mittels Suchmaschinen ihren Willen aufzwingen könnten: Meinungsdiktatur und Erpressung durch den bloggenden Mob.
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Meinungen, Feedback, Anmerkungen? Abseits des Falles Transparency oder abgeleitet daraus?