Don resümiert auf der Blogbar über Blogs und das Web 2.0 als Ganzes:
Web2.0 – oder Web 2.0? – oder Internet 2.0, der Buzzwords gibt es viele – wird kommen. Noch nicht dieses Jahr, aber 2006/7. Und zwar ganz gross. Auch hier in Deutschland. Ganz ohne Ironie, ich meine das Ernst. Denn Web 2.0 hat endlich, endlich wieder alle Zutaten, die es braucht, um ein Thema wirklich gross zu machen. Es hat, im Umkehrschluss, alles, was Blogs nicht haben…. Allein die vorgebliche Dynamik von Web 2.0 wird dann seine Evangelisten auch zwingen, das langsam wachsende, sich kaum verändernde Bloggen als etwas Zurückgebliebenes wahrzunehmen. Tatsächlich passiert ja nicht viel Weltbewegendes in der Blogospäre, die ihre Kraft und Energie aus dem Alltag bezieht; wenn das PR-oletariat heute über Schneeballeffekte spricht, haben sie seit fast einem Jahr nichts anderes zu bieten als den einzigen Jamba-Fall bei Spreeblick. Das ist nichts im Vergleich zu all den schnellen Stories, die Web 2.0 liefern kann. Die kläffenden Hunde werden weiterziehen in die Wüste Richtung Fata Morgana 2.o – die Blogkarawane wird grösstenteils an der Oase bleiben. Weil´s hier schön ist, und weil man ohne die nervenden Buzzköter in Ruhe vielleicht ja auch mehr hinbekommt als nur die lockere Clangesellschaft. Zum Beispiel eine Kultur.
Don zielt anscheinend darauf ab, daß das ominöse Web 2.0 nichts mit Blogs zu tun hat und daß Blogs als Kulturbewegung ein Nischendasein fristen werden.
Ich kann leider Don nicht ganz folgen. Einerseits ist Web 2.0 so schwabbelig, daß man es kaum greifen, geschweige denn vernünftig beschreiben kann. Es hat ja schließlich keiner im Web über Nacht den Schalter umgelegt und am 23.12. ist das Netz nun von Web 1 auf Web 2 upgedatet worden. Und andererseits? Man sollte sich vom zu betrachtenden Objekt entfernen, um es besser erkennen zu können. Wieso? Statt im sprachlichen Überschall-Tiefflug Snapshots aufzunehmen und dann zu berichten, was man auf den verschlierten Fotos sieht, bringt es imho mehr, auf eine viel größere Flughöhe zu steigen. Um mögliche Muster von da oben besser erkennen zu können, sollten da welche zu erkennen sein, auch auf die Gefahr hin, daß man feine Details nicht mehr analysieren kann. Und das machen wir auch in der folgenden Betrachtung.
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Seit den 60er Jahren hat ein unaufhaltsamer Metatrend eingesetzt, nämlich die Menschen mit einer weiteren Schnittstelle – dem Web – gemeinsam zu verbinden. Einher geht die zunehmende Möglichkeit, technische Geräte wie Handies mit dem Netz zu verbinden. Unser uns aller verbindender Drang basiert auf einer höchst sozialen Komponente (bitte nicht sozial mit christlicher Nächstenliebe verwechseln): Menschen sind seitens der Evolution dazu verdammt worden, kein Einsiedlerdasein zu fristen. Das hat einen bestimmten Grund: Sie horten und ballen sich zusammen wo auch immer es irgendwie nur geht, um besser überleben zu können, so komisch sich das geschichtlich auch anhören mag. Aber die Evolution – und wir selbst sind die Evolution, indem wir sie mitbestimmen- ist da gnadenlos: Wo gehobelt wird, fallen Späne. Der Mensch hat die Welt als Spezies mE nicht nur deswegen erobert, weil er so flexibel auf unterschiedliche Umweltbedingungen reagiert und aufgrund seiner höchst agressiven Eigenheiten gelernt hat, die Umweltbedingungen anzupassen, sondern weil er auch gelernt hat, daß man gemeinsam viel mehr erreichen kann, als alleine vor sich hinzuwerkeln.
So wie er seit tausenden von Jahren die Umweltbedingungen gemeinsam anpasst, wird der Mensch lernen, mit dem Netz umzugehen und Anpassungsstrategien fahren, das Netz in seinem Sinne zu unterwerfen und sich dabei immer weniger von der Technik bestimmen und einschränken lassen. Niemand kann unseren evoltuionären Masterplan aufhalten. Wir drängen stets weiter (da passt ja „Faust“ von Goethe rein :-). Zu Beginn des Webs haben wenige Menschen die Vorgaben gemacht, einige wenige haben den PC erfunden, einige wenige haben die Software und die Interfaces vorgegeben. Doch diese paar Menschen bilden weder die Gesamtheit der Lösung dar, weil sie nicht gemeinsam etwas entwickelt haben, sondern in kleinsten Gruppen. Noch können sie auf Dauer den Takt angeben. Größere Gruppen assimilieren die Lösungen, entwickeln sie weiter, in einem nie aufhörenden Iterationsprozess. Es wird entwickelt, verworfen, angenommen, verändert, justiert… zuerst in kleinsten und dann in größten Gruppen.
Die Entwicklung des Web 2 hat also nicht erst gestern angefangen oder vorgestern. Seit das erste Datenpaket in den 60ern über eine Leitung gewandert war, wurde eine weitere Entwicklung in der Menschheitsgeschichte angestoßen, dem Sozialisierungsdrang einen Kanal zu geben. Der von Raum, Zeit und dem Zwang physischer Nähe entkoppelt wurde. Was schon lange vorher mit den ersten Nachrichtensystemen (man nimmt an, daß es über Feuersignale bewerkstelligt wurde) in der Antike begann, um im 19. Jahrhundert mit der Erfindung des Radios, der Telegrafie und des Telefons eine Fortsetzung der unendlichen Story zu erfahren, bis hin zum heutigen Zeitpunkt.
Die stete Entwicklung im Netz äußert sich allerorten, indem sich die User immer mehr das Netz zu Nutze machen, es erobern, es sich dort heimelig einrichten. Und das ist kein Henne-Ei Szenario, sondern wie oben beschrieben eine gegenseitige Befruchtung aus Erfahrungen, Standards, Ideen, User Acceptancy, technischen Weiterentwicklungen und natürlich auch mit getrieben – aber nicht alleinig – von Firmen, die Teile der Fortentwicklung des Netzes aufgreifen, Angebote zuschneiden und natürlich auch monetarisiern. Beste Beispiele sind Google, Yahoo, Amazon und eBay, die Dank der Entwicklung des Webs innerhalb von 10 Jahren zu weltweit bekannten Unternehmen geworden sind. Die Werte dieser Firmen übersteigen oftmals Werte alteingesessener Unternehmen, die auf physischem Wege mit physischen Waren handeln. Man könnte nun lange in der Warum-Frage verharren, sich in Werttheorien ergehen, ich kürze den Weg aber ab: Der Nutzen dieser Firmen scheint mit dem, was die Menschen weiterzubringen scheint, eher zu korrespondieren als bisherige Lösungen. Wie sonst ließe sich das rasante Wachstum und globale Bekanntheit erklären? Nur auf Grund geschickter Unternehmer? Ach, wer das glaubt…. es waren lediglich einige Inhaber zur richtigen Zeit am richtigen Ort, die Dinge neue zusammengesetzt und damit den Nerv getroffen haben. Manche haben es weit gebracht (Google), manch andere haben es nicht gepackt (Excite). Weitere, nationale und internationale Beispiele werden sich zu 120% herauskristallieren, so wie AliBaba.com oder CyWorld auf nationaler Ebene und Flickr auf internationaler Ebene.
Man sieht die neuen, sich im steten Wandel befindenden Ergebnisse an allen Ecken und Enden, was auch immer man davon halten kann: Social Networks wie MySpace, OpenBC, LinkedIn, die berühmte Wikipedia und Unzahl von Clones, Blogsysteme wie LiveJournal, Blogger, TypePad, WordPress machen immer mehr die Runde, eine wachsende Zahl von gemeinsamen Newssystemen wie Digg.com und Slashdot und Webservices dienen vermehrt als Schmieröl zwischen einer Vielzahl von Anwendungsszenarien, Nachrichten verbreiten sich immer schneller dank Blogs, sie finden ihre Empfänger, werden gefiltert und wieder ins Netz geworfen, MashUps als neuestes Resultat einer langen Entwicklung (zB Google Maps & CraigsList Immobilien) zeigen, wie einfach teilweise die Technik für normalbegabte Interessierte mit einem Schuss Technikverständnis geworden ist, was vor einem Jahrzehnt rein technisch, intellektuell und kostenmäßig völlig undenkbar war.
Überall wuseln die User herum, machen mit, bringen sich ein (Tagging, Wikipedia…), verändern gemeinsam das Netz viel stärker als noch vor 10 Jahren. Alleine die OpenSource Bewegung – ebenso eine soziale Weiterentwicklung, gemeinsam Dinge zu lösen – hat dem Web einen immensen Push an kreativer Power verliehen, die Umsetzungshürden von Lösungen kostenseitig dramatisch gesenkt und eine schiere Explosion an umsetzbaren und umgesetzten Ideen hervorgebracht, die laufend evaluiert, verbessert und assimiliert werden . Leicht zugänglichere Sprachen wie PHP, kostenlose, vollwertige, zuverlässige Datenbanksysteme als Informationsspeicher wie MySQL/Postgre und neue Programmieransätze haben sich vermehrt durchgesetzt, die kreativen Potenziale der Macher wurden damit in breiterer Masse gefördert und empowered. Aus kleinsten Gruppen wurden nun größere, involviertere Gruppen.
Parallel dazu haben sich technische Bedingungen geändert: Hosting wird wie Traffic immer preiswerter, schnellere Netzzugänge wie auch überhaupt der Netzzugang nimmt in vielen Ländern stetig zu, der Einsatz von WLAN und UMTS und weitere Standardisierungen erleichtern den Zugang per se. Hinzu kommen technische Geräte mit zunehmend medialer Gewichtung wie Handycams, Digicams, iPods, Handhelds, Notebooks. All das hilft dem User, sich mit dem Netz zu verbinden, sich medial auszutauschen. Vor 10 Jahren wären Videohosting-Plattformen wie Vimeo und YouTube undenkbar gewesen. Nicht, weil der Bedarf nicht da war. Aber die dazu notwendigen Medien-Geräte wie auch normierte und schnelle Datenschnittstellen zum Computer waren schlichtweg nicht in ausreichender Breite vorhanden. Geschweige denn die Bandbreite ins Netz.
Also, was ist nun mit den Blogs, Web 2.0, der Kultur? Kann man gemäß Don eine Trennung vornehmen? Ja, wenn man die menschliche Spezies entgent, eine neue DNS verpasst und Blogmenschen wie auch Web 2-Menschen schafft. Das dürfte allerdings unmöglich sein. Im Ernst: Don liegt mE vollkommen daneben. Alles das, was dem Menschen nutzt, sich das Netz besser zu eigen zu machen, wird unvermeidlich weiterentwickelt. Blogs haben längerfristig betrachtet lediglich einen kleinen, aber nichtsdestotrotz wichtigen Teil dazu beigetragen, die Präsenz im Netz für das Individuum dramatisch zu vereinfachen. Es ist überhaupt kein Zufall, daß eines der grundlegendsten Wesensmerkmale eines Blogs die kommunikative Struktur ist. Ich halte daher wenig von dieser Trennung Web 2 und Blogs, mit welchem gedanklichen Ziel auch immer. Web 2 ist, wenn man es so will, schon von Beginn an, seit der Homo Sapiens existiert, bereits in Gang gesetzt worden. Ebenso wie Blogs als ein sichtbares Ergebnis dessen.
Ach ja, Don und seine Bezüge auf good old new Economy. Es verwundert mich überhaupt nicht, daß es eine New Economy gab, mit unglaublichen Erwartungen. Es war eine fantastische Zeit mE. Sie wäre niemals in die Geschichte eingegangen, wenn es nicht ein Gespür der Menschen gegeben hätte, daß hier etwas Unbestimmbares vorlag, das der menschlichen Evolution möglicherweise weiterhelfen könnte, im verwirrenden Konkurrenzkampf alternativer Überlebensstratregien. Es ist dabei völlig irrelevant, daß damals haufenweise Firmen pleite gegangen sind. VCler mit dazu in den Abgrund gerissen wurden wie auch Anleger. Es ist völlig irrelevant, wie sehr Geldgier damals die Menschen beeinflusst hatte, zum Schlechten. Denn eines bleibt nach wie vor untangiert: Die Phantasie und das unbestimmte Gefühl, daß etwas Nützliches vorlag.
Und es verwundert mich ebenso wenig, warum immer mehr Menschen Blogs entdecken, warum viele Menschen von dem Bloggedanken elektrisiert sind, die zwei Schritte weiterdenken. Es ist insofern auch völlig irrelevant, auf die alte New Economy und Geldgeier im Donschen Sinne zu verweisen, die an der angeblich Blogkarawane vorbeiziehen werden (sie – die Kapitalgeber und Geschäftemacher – sind lediglich ein kleiner Bestandteil auf dem weiteren Weg). Ebenso wie diejenigen elektrisiert sind -nebst der Bloggerei-, die nun eine Manifestation des Unbestimmbaren im Begriff Web 2.0 sehen.
Gib den Menschen einen Fokus, eine imaginäre Linie und den Rest machen unsere Gene und unsere Aggressivität aus, die Dinge weiter voranzutreiben. Und das passiert umso schneller und in größeren Gruppen desto klarer das Bild wird. Und ich kann mir auch gut vorstellen, warum man erst jetzt ca. 3-5 Jahre nach der New Economy-Zeit (wann man auch immer das „Ende“ festlegen mag) vom „Web 2“ spricht: Der „erste große Test“ war subjektiv empfunden unter den Erwartungen geblieben. Die „zweite Testreihe“ wurde aber bereits in der ersten Phase auf den Weg gebracht. Die „große Gruppe“ ist damals auseinander, man hatte die Testreihe scheinbar als unnütz verworfen, kleine Grüppchen jedoch haben mit verwertbaren Erkenntnissen und Resultaten weitergemacht. Der Analyseprozess hat typischerweise mehrere Jahre gedauert, sich gedanklich zu manifestieren, bis hin zu ersten frühen Lösungen anno 2002/03 (als Beispiel Friendster, das einen Boom ausgelöst hat -obwohl es ein Revival alter Lösungen war-, 2002 als das große Durchbruchsjahr der Blogs, die Wikipedia explodierte 2003 förmlich).
Mittlerweile wird die „große Gruppe“ wieder darauf aufmerksam und nun sitzt man gemeinsam an der zweiten Testphase und arbeitet wohl zugleich am Web 3. Wie gesagt, Web 2 nicht als einen plötzlichen Schritt verstehen, sondern als einen steten Entwicklungsprozess. „Web 2“ quasi als Begriff für ein manifestiertes Verständnis einer Entwicklung, die man höchstens aus der Vogelperspektive erblicken kann. Abhängig davon eben, wohin man schaut und wie hoch man fliegt 🙂 Daher streiten sich wohl auch die Geister, ob es eine allgemeine Akzetpanz über die Bedeutung dieses Begriffs gibt. Manche fliegen eben so weit oben, daß sie ein Muster und einen künftigen Verlauf erkennen, manche fliegen etwas tiefer, sehen nur das Muster mit gewissen Details, nicht aber den Verlauf und wiederum andere fliegen so tief, daß sie nur noch die Details aber nicht das Muster geschweige den Verlauf sehen können. Bring mal diese drei Fluggruppen zusammen, das ist nicht so leicht, denn ein jeder hat irgendwie recht :-))
Was uns das seit Web Version X aber bringen wird, ist keine Frage der Moral. Ethik. Es ist lediglich eine Frage, ob die Ausbaustufe Mensch V1.233439747 damit ein Stückchen weiter vorangekommen wird. In welche Richtung auch immer, ob es im Jahre 2200 dann 200 Jahre zurück betrachtet nützlich war, kann man nicht wissen. Es ist eben eine Idee, die man noch lange nach uns weiter austesten wird.
Ach ja, Blog… ich beharre regelrecht auf meiner Meinung, daß Blogs als Vernetzungsträger einen nicht unbedeutenden Anteil an dem „gemeinsam schöpfen“ haben werden. Wie sagt Don so schön: Tatsächlich passiert ja nicht viel Weltbewegendes in der Blogospäre, die ihre Kraft und Energie aus dem Alltag bezieht. Man muss Menschen für ihre Anpassungsfähigkeit bewundern, wie schnell uns eigentlich höchst ungewöhnliche Dinge als normal erscheinen (nämlich über ein technisches Interface unsere Person in einem Raum abzubilden, der rein elektrisch gesteuert wird und gemessen werden kann). Manchmal überholen wir uns wirklich selbst vor lauter Speed.